Europäische Kommission – Pressemitteilung Straßburg, 12. Dezember 2017

Mit der heute angenommenen Mitteilung reagiert die Kommission auf die Europäische Bürgerinitiative (EBI) „Verbot von Glyphosat und Schutz von Menschen und Umwelt vor giftigen Pestiziden“ und kündigt für 2018 einen Vorschlag für einen Rechtsakt an, mit dem die Transparenz und die Qualität der Studien bei der wissenschaftlichen Wirkstoffbewertung verbessert werden sollen.

Die Europäische Kommission reagiert auf die Europäische Bürgerinitiative und entspricht den Bedenken der Bürgerinnen und Bürger mit der Ankündigung der künftig transparenteren Gestaltung des Verfahrens für die Zulassung, die Beschränkung oder das Verbot der Verwendung von Pestiziden.

Das weitere Vorgehen wird in der heutigen Mitteilung beschrieben:

·       Sie geht auf die Bürgerinitiative ein und enthält eine ausführliche Erläuterung der EU-Vorschriften zu Pestiziden;

·       für Frühjahr 2018 wird der Vorschlag für einen Rechtsakt angekündigt, mit dem Transparenz, Qualität und Unabhängigkeit der wissenschaftlichen Wirkstoffbewertungen verbessert werden, beispielsweise durch den öffentlichen Zugang zu Rohdaten und

·       es werden weitere Änderungen von Rechtsvorschriften angekündigt, um die Regeln für die Durchführung relevanter Studien zu verbessern, beispielsweise durch die Beteiligung von Behörden bei der Entscheidung, welche Studien in einem spezifischen Fall durchzuführen sind.

Nach einer gründlichen wissenschaftlichen Bewertung aller verfügbaren Daten über Glyphosat mit dem Ergebnis, dass es keinen Zusammenhang zwischen Glyphosat und Krebserkrankungen bei Menschen gibt, und einer positiven Abstimmung der Vertreter der Mitgliedstaaten am 27. November 2017[1] hat die Kommission außerdem heute eine Erneuerung der Genehmigung von Glyphosat für 5 Jahre verabschiedet. Gewöhnlich schlägt die Kommission 15 Jahre für die Verlängerung von Genehmigungen vor, wenn alle Bedingungen erfüllt sind, aber Glyphosat ist kein Routinefall. Die Frage wurde von der Kommission mehrfach diskutiert; sie hat in den letzten Monaten auf einen Beschluss hingearbeitet, der die Unterstützung möglichst vieler Mitgliedstaaten findet und gleichzeitig ein hohes Maß an Schutz der Gesundheit und der Umwelt sicherstellt, wie dies im EU-Recht verankert ist. Die Kommission hat bei ihrer Entscheidung, 5 Jahre vorzuschlagen, auch den jüngsten, nicht verbindlichen Entschließungen des Europäischen Parlaments Rechnung getragen.

Dazu Frans Timmermans, Erster Vizepräsident der Kommission: „Es ist großartig, dass über eine Million EU-Bürgerinnen und -Bürger sich Zeit nehmen und sich direkt in dieses wichtige Thema einbringen. Die Kommission hat zugehört und wird jetzt handeln. Es muss deutlicher werden, wie Entscheidungen in diesem Bereich zustande kommen. Nächstes Frühjahr wird die Kommission auch für Trinkwasser Vorschläge machen, wie wir es als Antwort auf eine andere erfolgreiche Initiative versprochen haben. Ich bin auf jeden Fall sehr dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger das Recht haben, sich auf diese Weise zu engagieren, und ich dränge das Parlament und den Rat, unsere Vorschläge schnell durchzubringen, damit Europäische Bürgerinitiativen einfacher zu einem Erfolg führen.“

Vytenis Andriukaitis, EU-Kommissar für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, merkte dazu an: „Seit Beginn meiner Amtszeit trete ich nachdrücklich für mehr Transparenz in der Beschlussfassung und beim Zugang zu den für die Genehmigung von Wirkstoffen verwendeten wissenschaftlichen Studien ein. Bis zum Frühjahr 2018 werde ich einen Vorschlag in der Sache vorlegen. Es ist aber genauso wichtig, dass die Mitgliedstaaten ihre Zuständigkeit wahrnehmen, wenn es um die Zulassung von Pestiziden für ihren Markt geht. Sie müssen auch dafür sorgen, dass Pestizide nachhaltig und entsprechend der Anweisungen auf dem Etikett verwendet werden. Transparenz, Unabhängigkeit und ein nachhaltiger Pestizideinsatz sind unsere Ziele. Sie bilden die Grundlage unserer Arbeit, weshalb ich dort gezielt ansetze.“

 

Die Antwort der Kommission auf die drei Forderungen der EBI:

1. „Verbot von Herbiziden auf Glyphosat-Basis, deren Exposition mit Krebs beim Menschen in Verbindung gebracht wurde und zu einer Verschlechterung des Zustands von Ökosystemen geführt hat“:

Die Mitgliedstaaten sind für die Zulassung, die Verwendung und/oder das Verbot von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln in ihrem Hoheitsgebiet zuständig. In der EU werden nur Stoffe, deren Verwendung objektiv sicher ist, genehmigt. Nach einer gründlichen wissenschaftlichen Bewertung aller verfügbaren Daten über Glyphosat mit dem Ergebnis, dass es keinen Zusammenhang zwischen Glyphosat und Krebserkrankungen bei Menschen gibt, und einer positiven Abstimmung der Vertreter der Mitgliedstaaten am 27. November 2017 hat die Kommission heute eine Erneuerung der Genehmigung von Glyphosat für 5 Jahre verabschiedet. Präsident Juncker setzte diesen Punkt mehrfach auf die Tagesordnung von Sitzungen des Kollegiums, um sicherzustellen, dass die politische Verantwortung der Kommission gewahrt bleibt. Auf der Grundlage dieser politischen Diskussionen und unter Berücksichtigung des Standpunkts des Europäischen Parlaments beschloss die Kommission, die Dauer der vorgeschlagenen Erneuerung von den üblichen 15 auf 5 Jahre zu verkürzen, womit die Unterstützung möglichst vieler Mitgliedstaaten gesichert war.

2. „Sicherstellung, dass die wissenschaftliche Bewertung von Pestiziden für die Genehmigung durch die Regulierungsbehörden der EU allein auf der Grundlage veröffentlichter Studien erfolgt, die von den zuständigen Behörden und nicht von der Pestizidindustrie in Auftrag gegeben wurden“:

Die Kommission stimmt voll und ganz zu, dass Transparenz bei der wissenschaftlichen Bewertung und bei der Beschlussfassung von größter Wichtigkeit ist, um das Vertrauen in das Regulierungssystem im Bereich Lebensmittelsicherheit sicherzustellen. Eine starke, transparente und unabhängige wissenschaftliche Bewertung, die laufend verbessert wird, ist wesentlich. Bis Frühjahr 2018 wird die Kommission einen Rechtsakt zu diesen und anderen relevanten Aspekten, beispielsweise neuen Regeln für die Europäische Behörde für Lebenssicherheit (EFSA), vorschlagen. Die Kommission wird vorschlagen, die geltenden Bestimmungen zu ändern, um sicherzustellen, dass wissenschaftliche Studien öffentlich zugänglich sind. Die Bürgerinnen und Bürger müssen nachvollziehen können, wie solch weitreichende Entscheidungen über die Genehmigung oder das Verbot bestimmter Stoffe zustande kommen. Politische Verantwortung und größere Transparenz sind zwei Seiten derselben Medaille.

3. „Festlegung EU-weit verbindlicher Reduktionsziele für den Einsatz von Pestiziden mit Blick auf die Erreichung einer pestizidfreien Zukunft“:

Bereits jetzt arbeitet die EU daran, die Abhängigkeit von Pestiziden zu verringern und eine pestizidfreie Zukunft zu gestalten, wie dies in der Europäischen Bürgerinitiative gefordert wird. Die Kommission wird darauf hinarbeiten, dass die Mitgliedstaaten ihren Pflichten gemäß der Richtlinie über die nachhaltige Verwendung von Pestiziden nachkommen und die Abhängigkeit von Pestiziden verringern. Die Mitgliedstaaten wurden auch aufgefordert, in ihren Nationalen Aktionsplänen genauere und besser messbare Ziele aufzustellen. Um Entwicklungen bei der Verringerung der Risiken aufgrund der Verwendung von Pestiziden auf EU-Ebene zu verfolgen, wird die Kommission außerdem zusätzlich zu den bestehenden nationalen Risikoindikatoren harmonisierte Risikoindikatoren festlegen. Dadurch könnte die Kommission die Wirksamkeit von Maßnahmen bei der Bewertung künftiger politischer Optionen bestimmen. Die Kommission wird die Situation auf der Grundlage der resultierenden Daten neu bewerten und beurteilen, ob EU-weit verbindliche Ziele für Pestizide erforderlich sind.

 

Nächste Schritte:

– Ausarbeitung eines Legislativvorschlags: Im Januar 2018 wird ein Bericht über die Eignungsprüfung des allgemeinen Lebensmittelrechts veröffentlicht, in dem eine Bestandsaufnahme der geltenden Rechtsvorschriften vorgenommen wird. Für die Ausarbeitung des im Frühjahr 2018 vorzulegenden Vorschlags wird auch eine öffentliche Konsultation durchgeführt.

– Nachhaltigere Verwendung von Pestiziden: Auf der Grundlage eines im vergangenen Oktober veröffentlichten Berichts wird die Kommission bei den Mitgliedstaaten die Fortschritte prüfen.

 

Hintergrund:

Das Verfahren für die Erneuerung der Genehmigung des Wirkstoffs Glyphosat hat großes Interesse und eine breitere Debatte über die Zulassung und Verwendung von Pestiziden in der EU ausgelöst. Am 27. November 2017 stimmten die Mitgliedstaaten für den Vorschlag der Kommission, die Genehmigung um 5 Jahre zu verlängern.

Auf Wunsch von Präsident Juncker wurde die Frage mehrmals im Kollegium der Kommissionsmitglieder diskutiert. Die Kommission hat auf einen Beschluss hingearbeitet, der die Unterstützung möglichst vieler Mitgliedstaaten findet und gleichzeitig ein hohes Maß an Schutz der Gesundheit und der Umwelt sicherstellt, wie dies im EU-Recht verankert ist. Vorausgegangen war ein umfassender und transparenter wissenschaftlicher Prozess, in dessen Verlauf mehr als 6000 Seiten wissenschaftlicher Bewertungen veröffentlicht wurden.

Gewöhnlich schlägt die Kommission 15 Jahre für die Verlängerung von Genehmigungen vor, wenn alle Bedingungen erfüllt sind, aber Glyphosat ist kein Routinefall. Bei der Wahl der geeigneten Dauer für eine Verlängerung wurden andere legitime Faktoren berücksichtigt, beispielsweise, dass zu diesem Wirkstoff ständig neue Informationen veröffentlicht werden. Zudem hat die Kommission bei ihrer Entscheidung, 5 Jahre vorzuschlagen, den jüngsten, nicht verbindlichen Entschließungen des Europäischen Parlaments Rechnung getragen. Bei dem heute formell genehmigten Beschluss wurde auch die Europäische Bürgerinitiative „Verbot von Glyphosat und Schutz von Menschen und Umwelt vor giftigen Pestiziden“ berücksichtigt.

Bereits zu Beginn seiner Amtszeit hat Präsident Juncker angekündigt, dass Regieren durch Enthaltung für ihn nicht infrage komme, und er schlug vor, die Regeln für das sogenannte Ausschussverfahren zu ändern, um die Standpunkte der einzelnen Mitgliedstaaten sichtbarer zu machen und den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber mehr Rechenschaft über die Beschlussfassung abzulegen.

Weitere Informationen:

Alle Dokumente, auch die von der Kommission heute verabschiedeten, damit zusammenhängenden Beschlüsse, werden hier zu finden sein:

Fragen und Antworten: Reaktion der Kommission auf die EBI zu Glyphosat:

Europäische Bürgerinitiative: „Verbot von Glyphosat und Schutz von Menschen und Umwelt vor giftigen Pestiziden“

Zulassung von Pestiziden in der EU

Factsheet: “Pesticides in the EU: authorisation and use”

[1]In der Sitzung des Berufungsausschusses vom 27. November 2017 stimmte eine Mehrheit der Mitgliedstaaten für den Vorschlag zur Erneuerung: 18 Mitgliedstaaten (65,71 % der EU-Bevölkerung) stimmten für den Vorschlag, 9 (32,26 %) dagegen und 1 Mitgliedstaat (2,02 %) enthielt sich.