LEINEBERGLAND. Früher sind die grauen Gänse im Spätherbst über den Raum Hannover und Hildesheim hinweg nach Holland und Frankreich geflogen. Sie hatten weder Rastplätze noch Nahrung in der Börde gefunden. Das hat sich geändert. Seit Mitte der 1980er Jahre hat der Massenzug der nordischen Gänse auch im Kreis Hildesheim Platz gefunden, teilt der Ornithologische Verein zu Hildesheim (OVH) mit.

Blässgänse beim Abflug in Sarstedt-Schliekum

Zahlreiche Gänse machen Rast im Leinetal. So auch Blässgänse wie hier auf einem Gewässer bei Schliekum. Alle Fotos A.Hill/OVHDer nasse Sommer und Herbst im vergangenen Jahr zeigen Nachwirkungen auf die Vogelwelt Hildesheims. Das Auffälligste sei die hohe Anzahl der Blässgänse und Tundrasaatgänse, die seit Oktober zu sehen ist. Die erste Welle ist bereits im Oktober angekommen. Erst beim Schneefall Ende November und Anfang Dezember seien die Tiere weitergezogen.

Die derzeit anwesenden Gänse sind laut Ornithologischen Verein wahrscheinlich danach angekommen. So hat sich auch das Verhältnis der Gänsearten geändert. Im November waren große Schwärme Blässgänse zusammen mit Tundrasaatgänsen und Graugänsen in Sarstedt-Giften zu sehen. Diese Vögel haben auf lern Giftener oder dem Schliekumer See gerastet und (ich tagsüber auf einem Maisstoppelfeld direkt hinter dem Sarstedter Bahnhof Nahrung gesucht.

Diese Gänse zeigten eine geringe Fluchtdistanz und lind nur aufgeflogen, wenn Spaziergänger mitten durchgelaufen oder freilaufende Hunde den Gänsen zu nahe-gekommen sind. Die Gänse liegen täglich von den Schlafplätzen zu den Nahrungsplätzen. Diese können 20 bis 30 Kilometer entfernt sein, doch der Schwerpunkt ist im Leinetal.

Blässgänse und Saatgänse bei Sarstedt-Giften

Die großen Schwärme benützen die ganze Breite des Leinetals. Sie fliegen meistens auf der Ostseite über Barnten, Rössing, Heyersum, Burghauen auf dem Weg zu den südlichen Nahrungsplätzen – direkt über den geplanten Windpark östlich Rössings. „Wenn dieser in Betrieb genommen wird, stellt es eine erhebliche Gefahr für die in 50 bis 300 Meter Höhe fliegenden Gänse dar”, so der Ornithologische Verein.

In diesen Gänseschwärmen halten sich auch markierte Vögel auf. Die Kennzeichnungen zeigten bisher unter anderem eine Kurzschnabelgans aus Spitzbergen, eine Graugans aus der Nähe Bud-weis und eine Tundrasaatgans von einer russischen Insel im Nordpolarmeer, Es waren auch Graugänse mit gelben Halsbändern zu sehen. Diese sind meistens aus einem niedersächsischen Beringungsprojekt. Diese Vögel würden in Juni in Barnten gefangen und markiert. Es handelt sich tun hiesige Gänse.

Es wird, tun den Schaden auf den Äckern zu minimieren, viel über den Abschuss von Gänsen diskutiert. Der kontrollierte Abschuss von den hiesigen Graugänsen und Nilgänsen sei problemlos. Dies müsste aber in dem Zeitraum zwischen Juni und September stattfinden.

Bei den Gästen sei der Abschuss jedoch nicht tolerierbar, heißt es in der Pressemitteilung des Hildesheimer Vereins. Jäger müssten wissen, was sie abschießen. Bei den gemischten Schwärmen sei die Bestimmung der einzelnen Arten jedoch schwierig oder unter Umständen unmöglich. Die Trupps bestehen aus hunderten Familiengruppen mit Eltern und ihren Jungen.

Nonnengänse mit Bläss- und Waldsaatgänsen bei Mahlerten

In den Schwärmen gebe es neben den gewöhnlichen Arten, auch seltene oder bedrohte Arten. So wurden im Herbst Rothalsgänse, Zwerggänse, Waldsaatgänse und Kurzschnabelgänse gefunden. Hinzu kommen Nonnengänse und gelegentlich Ringelgänse.

Die Bestimmung und Erfassung der einzelnen Arten erfordert hohe Konzentration, leuchtete der Verein. Durch das Hin und Her der nahungssuchenden Gänsen bleibe es häufig bei Schätzungen.

Waldsaatgänse und Blässgänse bei Schliekum

Es sammelten sich in den vergangenen Monaten meliere Tausend Blässgänse und Saatgänse im Leinetal. Zwei Änderungen der Landschaft m Laufe der vergangenen fahrzehnte hätten dazu geführt, dass diese nordischen Gänsearten sich im Spätherbst in dieser Region wohl-fühlen. Zum einen sind große Seenplatten im Leinetal, vor Allem durch das Auskiesen zwischen Nordstemmen und Laatzen, angelegt worden.

Die zweite Änderung ist die Vermaisung der Landschaft, m vergangenen Jahr sind durch Stürme massenhafte Schäden in den Maisfeldern entstanden. Zudem wurde durch den morastartigen Zustand vieler Maisfelder eine ordentliche Ernte verhindert, in der Tat stehen im Leinetal loch nicht abgeerntete Maisfelder. Die Nutznießer sind die grauen Gänse.

© ALFELDER ZEITUNG, 9. JANUAR 2018