Ornithologen zählen aber mehr Brutpaare in Himmelsthür und vor allem im nördlichen Landkreis

Aus der HAZ vom 08. September 2016

von Marita Zimmerhof

Hildesheim. Das freut nicht nur Ornithologen: Bei der Nachtigallen-Zählung des Ornithologischen Vereins (OVH) konnte Karl-Heinz Rosanowski in diesem Frühjahr in Stadt und Kreis 148 Reviere von singenden Männchen notieren. „Das ist überraschend positiv“, sagt der Vogelkenner. Bei vergleichbaren Zählungen in den Jahren 1987 bis 1989 hatte Lothar Kaczmarek 139,188 und 166 Reviere vermerkt.

„Die diesjährige Bestandsaufnahme fügt sich also gut ein“, vergleicht Rosanowski die Ergebnisse.Die meisten Meldungen gab es für den nördlichen Stadtrand rund um Himmelsthür, besonders aber für den Nordkreis und dort speziell in den Bereichen Bruchgraben, rund um Algermissen und um die Giftener Seen. Ehemals sichere Stellen und optimale Habitate wie der Bungenpfuhl und der Jungborn aber blieben wieder verwaist. In der gesamten Stadt wurden lediglich 16 Reviere erfasst. Vor einigen Jahren war diese Zahl um ein Vielfaches höher: Gab es 1972 noch 99 Nachtigallen in Hildesheim, sank die Zahl 1985 auf 25. Bei ihrer Zählung 2000 erfassten die Ornithologen dann wieder 55 Tiere. Einen Eintrag in die Zählliste gibt es für jedes singende Männchen, das nach seiner Rückkehr aus dem Winterquartier sein Lied ertönen lässt: Damit wollen die Hähne ihr Revier abgrenzen und zugleich das Weibchen anlocken.

Weil die Nachtigall eine wärmeliebende Vogelart ist, müsste sie von der Klimaerwärmung eigentlich profitieren. Als Bodenbrüter ist sie aber vielen Gefahren ausgesetzt. Rosanowski befürchtet, dass eine immer größere Zahl von „Beutegreifern“ über die Nester herfällt und Eier und Jungvögel vernichtet. Gerade im Stadtgebiet schleichen Hauskatzen um die Blocks, dazu kommen Waschbären, Marder, Wildschweine. Schutz findet die Nachtigall für ihre Gelege nur in dichtem Unterholz und Gestrüpp. In aufgeräumten und radikal durchforsteten Gärten und Grünanlagen fehlen genau diese Plätze. Und ist ein Gelege erst einmal verloren, gibt es keinen Ersatz: Anders als viele andere Singvögel brütet die Nachtigall in jeder Saison nur einmal.

Früher war der Nordfriedhof mit seinen alten, von Bodendeckern überwucherten Gräbern bevorzugtes Quartier. Auch im Grüngürtel, der die Innenstadt umgibt – Rottsberg, Gallberg, Berghölzchen, Steinberg, Galgenberg, Liebesgrund – brüteten die zierlichen Singvögel früher häufig. Im verrottenden Falllaub fanden die Alten zudem Insekten für die Aufzucht der Jungen. All das ist heute Geschichte. 16 Reviere in der gesamten Stadt sind trotz der vielen Meldungen aus dem Landkreis kein Grund zum Jubeln.

An den Zählungen haben sich 31 Naturfreunde beteiligt. Besonders hellhörig waren Gerhard Busche mit 28, Monika Hartmann mit 16, Bernhard Scharfenberg mit 14, Josef Folger mit 8 Nachtigallen. Das Team der Arbeitsgemeinschaft für Natur- und Umweltschutz Ambergau kartierte drei Nachtigallen im Südkreis, einem von der Nachtigall traditionell dünn besiedeltem Gebiet.

© Hildesheimer Allgemeine Zeitung