Projekt „Feldhamsterland“ startet in fünf Bundesländern – für ganz Niedersachsen ist eine Borsumerin die Koordinatorin

Der Feldhamster ist in Europa eines der am stärksten gefährdeten Säugetiere. FOTO: UWE ANSPACH/DPA

Von Thomas Wedig

Kreis Hildesheim. Meist bricht Aktionismus aus, wenn Feldhamster- Vorkommen und Bauprojekte aufeinandertreffen. Kein Wunder: Der Nager gilt als eines der am stärksten bedrohten Säugetiere in Europa, er ist daher streng geschützt. Nun soll ein neues Projekt dem Hamster in Deutschland neue Rückzugsräume inmitten von intensiver Landwirtschaft erschließen. Fünf Bundesländer sind beteiligt, für ganz Niedersachsen ist die Borsumerin Nina Lipecki seit Kurzem die hauptamtliche Regionalkoordinatorin. Sie hatte sich vorher schon ehrenamtlich im Vorstand der landesweiten AG Feldhamsterschutz für den Erhalt der Art eingesetzt. Das Ziel des Projektes „Feldhamsterland“: Der Hamster soll auf Agrarflächen wieder mehr Lebensräume vorfinden. Das geht freilich nicht, ohne einen Teil der Äcker künftig nicht mehr zu bewirtschaften. Doch das soll für Landwirte, die mitmachen, nicht mit Verlusten einhergehen. Sie sollen entschädigt werden. Das Bundesumweltministerium stellt für das Projekt insgesamt 3,4 Millionen Euro zur Verfügung. Getragen wird es von der Deutschen Wildtier-Stiftung. Die beschreibt die Lage des Hamsters dramatisch: „In Westeuropa ist die Situation in den letzten Jahrzehnten für den Feldhamster so bedrohlich geworden, dass er in Belgien, den Niederlanden und Frankreich kurz vor dem Aussterben steht und nur durch Schutzprojekte überlebt.“ Auch in Deutschland gibt es nur noch wenige Refugien, zum Beispiel die Hildesheimer Börde mit ihren furchtbaren Böden. Aber: „Ab Ende Juli sind unsere Felder für die meisten Tiere nur noch Wüsten, sie finden weder Nahrung noch Deckung“, gibt die Wildtier-Stiftung zu bedenken. In der kurzen Aktivitätszeit des Feldhamsters zwischen April/Mai und Oktober ziehe ein Weibchen in der Regel drei Würfe groß. Momentan falle die Getreideernte genau in die Zeit des zweiten Wurfs. Das Problem aus Sicht der Stiftung: „Nach der Ernte wird der Boden meist sofort umgepflügt, um ihn für die nächste Saat vorzubereiten. Für den Feldhamster ist das eine Katastrophe. Innerhalb von wenigen Minuten verlieren Elterntiere wie Nachwuchs ihre Deckung und werden ihrer Nahrung beraubt.“ Da setzt das Projekt an. Es sieht vor, Getreidestreifen nicht zu ernten oder in großem Umfang die Luzerne als Futterpflanze anzubauen. Hilfreich kann es für Hamster zum Beispiel auch sein, längere Stoppeln auf Feldern stehen zu lassen – denn auf denen kann der Fuchs die Hamster nicht so gut jagen. Dem Hamster durch neue Lebensräume unter die Arme zu greifen, hält Lipecki für deutlich sinnvoller als die Nachzucht, die schon in manchen Ländern praktiziert wird. Denn die hat einen großen Nachteil: Die Jungtiere wachsen geschützt und behütet heran, werden ausgewildert – und überleben meist nur kurz, weil sie die Gefahren in der freien Wildbahn überhaupt nicht kennen. Wie auch immer, jedes EU-Land ist verpflichtet, den Feldhamster aktiv zu schützen. Frankreich tat das zu wenig – das ist zumindest die Meinung des Europäischen Gerichtshofes, der dem deutschen Nachbarland deswegen einen Rüffel erteilte.

©Hildesheimer Allgemeine Zeitung 17.10.2018