Ein Kranich fühlt sich bei uns wohl, Foto A. Hill

Die ersten Vögel kamen schon am Neujahrstag in den Raum Hildesheim – und fliegen einfach durch

Von Marita Zimmerhof

Hildesheim. Wer sich in diesem Jahr am Kranichzug über Hildesheim erfreuen wollte, musste nicht nur blitzschnell sein, sondern sich unter Umständen auch noch die Nacht um die Ohren schlagen: Jede dritte Flugformation überquerte die Stadt nämlich in der Nacht, sagt der Kranich-Experte Karl-Heinz Rosanowski, der für den Ornithologischen Verein zu Hildesheim (OVH) die Kranichzüge beobachtet und statistisch ausgewertet hat.

Ein Drittel aller Schwärme überquerte die Region in der Nacht oder in großer Höhe. Grund dafür war die für die Tiere sehr günstige Wetterlage im Februar, die bemerkenswert mildes Wetter aus Südeuropa in unsere Breiten brachte und uns einen auffallend warmen Vorfrühling noch mitten im Winter bescherte. Den Kranichen kam das gerade recht: Aus ihren Überwinterungsgebieten in der Extremadura in Spanien und dem Lac du Der-Chantecoq in Frankreich ging es im Nonstop-Flug ohne längere Pausen direkt in die Brutgebiete. Denn nur wer früh dran ist, hat bei der Wahl der Nistplätze noch die freie Wahl.

Insgesamt wurden dem OVH lediglich 9000 Sichtbeobachtungen über der Stadt und dem Landkreis gemeldet  und damit nur gut halb so viele wie im Vorjahr, als Meldungen über 15 000 Tiere vorlagen. „Dennoch kann davon ausgegangen werden, dass sich der Kranich-Bestand nicht verringert hat“, versichert Rosanowski. In den Nachbarkreisen Peine und Gifhorn hätten sich bereits Kraniche niedergelassen. „Viele Paare befinden sich dort bereits mitten im Brutgeschäft.“ So hat der Ornithologe im Oerreler Moor im März die Rufe von mindestens vier Kranichpaaren gehört, im gesamten Kreis Gifhorn sollen sogar zehn Paare brüten.

Die meisten Artgenossen aber sind weitergezogen nach Norden, Mecklenburg-Vorpommern etwa ist das Sommerquartier vieler Kraniche, die den Raum Hildesheim überfliegen. An der Zählaktion des Ornithologischen Vereins haben sich in diesem Jahr mehr als 90 HAZ-Leser beteiligt und telefonisch, per E-Mail oder über die Plattform ornitho.de 151 Meldungen durchgegeben. Die erste kam schon am Neujahrstag von Marie-Louise Meyer, am eifrigsten dabei waren Karl-Heinz Wutkewicz mit zehn und Peter Becker mit neun Meldungen.

Hauptflugtage waren in diesem Jahr am 16. Februar mit 21 Zügen, am 17. Februar mit 20 Zügen und am 18. Februar mit 16 Zügen. Inzwischen dürfte auch der letzte Kranich am Ziel eingetroffen sein. Langweilig wird es dem passionierten Ornithologen aber auch jetzt nicht: Bei einem Beobachtungsrundgang am Hohnsensee entdeckte Rosanowski gestern bereits die erste Rauchschwalbe – auch sie ist dieses Mal deutlich früher dran als die Schwalben im langjährigen Mittel.

©Hildesheimer Allgemeine Zeitung 02.04.2019