Neues vom DDA 30.04.2019

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Der Bestandstrend der Turteltaube (1980–2016) in Europa zeigt einen signifikanten Rückgang. In den Trendverlauf sind Daten aus 23 europäischen Ländern eingeflossen. Das Konfidenzintervall ist hellblau dargestellt
© EBCC/BirdLife/RSPB/CSO

Seit Tausenden von Jahren gilt die Turteltaube als Liebes- und Glückssymbol. Schon den Griechen war sie heilig. Damals schrieb man sie Demeter, der Göttin der Ernte und Fruchtbarkeit, zu – und noch heute werden zwei frisch verliebte Menschen oft als Turteltauben bezeichnet.

Die große Bekanntheit der Turteltaube könnte mit ihrem weiten Verbreitungsgebiet zusammenhängen. Ihr Brutgebiet erstreckt sich über fast ganz Europa von Portugal bis Moskau und in den Norden Chinas. Den Winter verbringt sie in wärmeren Regionen rund um die Sahelzone in Afrika. Die Reise zwischen Brut- und Überwinterungsgebiet ist für die kleine Taube lang und beschwerlich. Aber Turteltauben sind ausgezeichnete Flieger. Den längsten Abschnitt der Reise fliegen sie nachts. Dabei können Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 60 km/h erreicht und bis zu 700 km non-stop zurückgelegt werden.

Leider behandeln wir die Turteltaube nicht mit der Milde und Güte, die einem Glücks- und Liebessymbol zusteht. Einst häufig und überall in ganz Europa und dem Nahen Osten anzutreffen, sieht man Turteltauben heute nur noch selten. Laut dem Pan-European Common Bird Monitoring Scheme (PECBMS) ist ihr Bestand in Europa von 1980–2016 um 80% zurückgegangen; in Deutschland im gleichen Zeitraum sogar um 89%, wie neueste Ergebnisse im Rahmen der Datenzusammenstellung für den Bericht nach EU-Vogelschutzrichtlinie zeigen. Die anhaltenden Rückgänge führten dazu, dass die Turteltaube bereits in der aktuellen Roten Liste der Brutvögel Deutschlands aus dem Jahr 2015 als „stark gefährdet“ eingestuft wurde.

Turteltauben brüten in Hecken und lichten Wäldern. Ihre Nahrung besteht aus Samen und Pflanzenteilen, die sie am Boden von Feldern und Äckern in der offenen Agrarlandschaft suchen. Die heutige Form der intensiven Landwirtschaft, in der Hecken und Feldgehölze verschwunden sind und große, monotone Äcker mit Pestiziden und Herbiziden behandelt werden, ist einer der Gründe für die starken Bestandsabnahmen. Aber auch auf der Reise zwischen Brut- und Überwinterungsgebiet lauern Gefahren. Jedes Jahr werden viele Turteltauben illegal getötet. Auch die Anzahl legal gejagter Turteltauben entlang des westlichen Zugweges ist nicht nachhaltig, wie Wissenschaftler im Rahmen der Erarbeitung des Artenaktionsplanes 2018 herausfanden. In Portugal beispielsweise, wo die Turteltaube im Herbst legal gejagt werden darf, gingen die Bestände seit 2004 um 75 % zurück.

Im Mittelmeerraum ist die Jagd auf Turteltauben während eines bestimmten Zeitraums im Jahr erlaubt. Aber es wird angenommen, dass ca. 600 000 Individuen illegal außerhalb der offiziellen Jagdzeiten getötet werden. Malta wollte dieses Jahr ein Moratorium zur Jagd auf Turteltauben aufheben. Glücklicherweise wurde dieses Vorhaben abgelehnt. Doch die Maltesische Regierung verlängerte die Jagdzeit für Wachteln. Diese reicht jetzt bis in den April hinein und überlappt mit der Hauptdurchzugszeit der Turteltaube. BildLife Malta zufolge ist damit die Jagd ebenfalls frei für die zwar laut Gesetz geschützten Turteltauben. Doch niemand kann kontrollieren, ob Jäger während der verlängerten Jagdzeit für Wachteln nun nicht auch Turteltauben ins Visier nehmen. Im vergangenen Jahr wurde auf Malta kein einziger Jäger wegen illegaler Tötung von Turteltauben zur Rechenschaft gezogen, obwohl BirdLife Malta der Polizei Kameraaufnahmen zukommen ließen, auf denen zu sehen ist, wie illegal Turteltauben geschossen werden.

Auch Griechenland zählt für Turteltauben zu den gefährlichsten Orten Europas. Die Ionischen Inseln sind ein wichtiges Rastgebiet für die zierliche Taube auf dem Weg über das Meer. Doch man geht davon aus, dass dort jedes Jahr im Frühling mehr als 70 000 Turteltauben getötet werden. Die Griechische Ornithologische Gesellschaft (HOS) arbeitet unermüdlich, um den Schutz der Art sicherzustellen. Mit Hilfe von Satelliten-Sendern werden die Zugrouten analysiert und durch Umweltbildung auf die Not der Vogelart hingewiesen.

Herzlicher Dank!
Daten zur Turteltaube werden in Deutschland über das Monitoring häufiger Brutvögel erfasst und jedes Jahr vom DDA an den European Bird Census Counsil (EBCC) weitergeleitet. An dieser Stelle ein ganz herzlicher Dank an alle Kartiererinnen und Kartierer, die am MhB teilnehmen! Vielleicht haben Sie Lust, ebenfalls mitzuarbeiten und eine der über 2.500 Probeflächen zu bearbeiten? Alle wichtigen Details und Ansprechpersonen für Ihr Bundesland finden Sie unter www.dda-web.de/mhb

Auch ein PDF des 2018 erarbeiteten Artenaktionsplanes (in englischer Sprache) für die Turteltaube steht zur Verfügung.

© Dachverband Deutscher Avifaunisten