Debatte zeigt deutlichen Konflikt zwischen Arten- und Klimaschutz auf

Aus der HAZ vom 28. Jun. 2019

Ihre Entscheidung zum Windpark zwischen Rössing und Klein Escherde machen sich die Abgeordneten nicht leicht. Fotos: Werner Kaiser

IHRE ENTSCHEIDUNG ZUM WINDPARK ZWISCHEN RÖSSING UND KLEIN ESCHERDE MACHEN SICH DIE ABGEORDNETEN NICHT LEICHT. FOTOS: WERNER KAISER
 

Kreis Hildesheim. Die Investoren, die zwei Windräder in der Feldmark zwischen Rössing und Klein Escherde planen, sind einen Schritt weiter. Der Kreistag hat sich am Donnerstagnachmittag nach langer Debatte mit deutlicher Mehrheit dafür ausgesprochen, das Gebiet weiterhin als Vorrangfläche für Windkraft auszuweisen. Damit kann die Gemeinde Nordstemmen dort Windkraft im Flächennutzungsplan ausweisen. Das wiederum ist Voraussetzung, dass die Investoren Bauanträge stellen können. In der Debatte spiegelte sich ein Grundkonflikt wider, der im Rahmen der Energiewende in ganz Deutschland immer wieder Thema ist: die Abwägung zwischen Arten- und Klimaschutz.

Das wurde besonders deutlich an Redebeiträgen und Abstimmungsverhalten der Grünen-Fraktion. Drei ihrer Abgeordneten votierten gegen die Windkraft-Vorrangfläche, zwei dafür. Nina Lipecki warb dafür, Windrädern in dem Bereich einen Riegel vorzuschieben. „Das ist die einzige geplante Fläche im Kreis, die Fachleute vom Ornithologischen Verein als ungeeignet einstufen.“ Ihr Parteifreund Holger Schröter-Mallohn argumentierte allgemeiner: „Solche Sommer wie im Vorjahr werden Normalität, die Durchschnittstemperaturen steigen immer weiter.“ Überspitzt gesagt würden Vogelarten wie der Schwarzstorch, für die Windräder vielleicht gefährlich seien, ohnehin dem Klimawandel zum Opfer fallen – etwa dann, wenn wie im Vorjahr zum Beispiel der Rössingbach trocken falle. Deshalb sei er für die Windkraft dort.

In der SPD wich nur eine Abgeordnete vom Fraktionskurs pro Windkraft ab – aber nicht irgendeine: Erika Hanenkamp, Vorsitzende des zuständigen Bauausschusses, monierte, innerhalb der Kreisverwaltung seien die Bedenken der Unteren Naturschutzbehörde „immer beiseite gewischt“. Trotzdem habe es lange ein Hin und Her gegeben. Der Kreis habe lange keine klaren Aussagen in Richtung der Investoren und der Gemeinde Nordstemmen getroffen. Unterm Strich überwogen bei Hanenkamp die Zweifel: „Deshalb stimme ich zum ersten Mal seit 18 Jahren gegen meine Fraktion.“

Der Nordstemmer CDU-Abgeordnete Bernhard Flegel warb hingegen eindringlich für eine Zustimmung zum Windkraft-Vorrang: „Der Kreistag hat der Verwaltung den Auftrag gegeben, das noch einmal zu prüfen, dabei haben sich keine neuen Erkenntnisse ergeben“, betonte er. Also gebe es keinen Grund für eine Ablehnung. Gebe es in Zukunft noch neue Entwicklungen, könnten diese noch berücksichtigt werden – „beim Flächennutzungsplan und bei den Baugenehmigungen“.

Die AfD sprach sich klar gegen die Vorrangfläche aus: „Wenn die Gemeinde Nordstemmen selbst vom ,am Wenigsten schlecht geeigneten‘ Gebiet spricht, heißt es, die Fläche ist schlecht geeignet“, betonte Norbert Hüter.

Den Antrag von FDP und Unabhängigen, die Vorrangfläche für Windkraft zu streichen, schlossen sich drei Grünen-Vertreter, die AfD sowie Erika Hanenkamp (SPD) und Klaus Veuskens (CDU) an. Dazu gab es eine Enthaltung. Die große Mehrheit des Kreistags votierte für die Vorrangfläche. Das könnte juristische Folgen haben: Die Bürgerinitiative gegen den Windpark hat bereits angekündigt, rechtliche Schritte zu prüfen. Das hätten die Investoren im Fall einer anderen Entscheidung allerdings auch getan.

© Hildesheimer Allgemeine Zeitung