Die wärmeliebenden Zugvögel sind in diesem Frühling etwas früher aus ihren Winterquartieren zurückgekehrt

Aus der HAZ vom 15. April 2020

Von Marita Zimmerhof

Hildesheim. Die ersten Nachtigallen haben ihre Reise aus den Winterquartieren im tropischen Afrika erfolgreich hinter sich gebracht und nehmen nun Kurs auf ihre Sommerquartiere in Stadt und Landkreis:

Am Bruchgraben haben Gerhard Busche, Benedikt Scharfenberg und Monika Hartmann Ende vergangener Woche gleich mehrere Nachtigallen gehört und dem Ornithologischen Verein für dessen Bestandszählung (OVH) gemeldet, in Steuerwald und Himmelstür war Stefan Thieme erfolgreich. „All diese Termine liegen eine Woche früher als das langjährige Mittel“, sagt Karl-Heinz Rosanowski mit Blick auf die Aufzeichnungen der Vorjahre. Heino Heinecke ist sich sogar sicher, in Harsum bereits am 3. April die erste Nachtigall gehört zu haben. Allerdings: „Bei Sängern, die vor dem 1. Mai zu hören sind, muss von durchziehenden Vögeln ausgegangen werden.“ Rosanowski bittet deshalb, auch weiterhin Standorte zu melden.

Wegen ihres Gesangs gilt die Nachtigall als die Königin unter den Singvögeln. Der zierliche braune Vogel beherrscht 120 bis 260 Strophentypen. Berühmte Komponisten wie Ludwig van Beethoven, Georg Friedrich Händel, Joseph Haydn und Frédéric Chopin haben sich von der Meistersängerin inspirieren lassen und ihren Gesang in Kompositionen nachempfunden.

Die Nachtigall lebt in lichten Laub- und Auwäldern, in Parks und auf Friedhöfen, sofern die nicht rigoros aufgeräumt werden. Denn für den Bau ihrer Nester und die Futtersuche benötigt sie Unterholz, eine dichte Krautvegetation und eine Schicht Falllaub, in dem sie nach Insekten und Larven, nach Regenwürmern und Spinnen suchen kann. Im Spätsommer frisst sie zusätzlich Beeren.

Das Nest baut das Weibchen dicht über dem Boden, weshalb ihm bei fehlender Deckung Nesträuber schnell gefährlich werden können. Anfang bis Mitte Mai legt es vier bis sechs olivgraue oder olivbraune Eier, aus denen zwei Wochen später die Jungen schlüpfen. Anders als die meisten anderen heimischen Singvögel brütet die Nachtigall immer nur einmal im Jahr. Geht ein Gelege verloren, ist damit die Brut eines ganzen Jahres vernichtet.

Der Naturschutzbund (Nabu) geht davon aus, dass es in Deutschland noch etwa 95 000 Brutpaare gibt. In den vergangenen Jahrzehnten sind viele angestammte Brutplätze vernichtet worden, weil zum Beispiel das Unterholz rigoros ausgelichtet worden ist und einstige Auwälder und Laubwälder mit Nadelwald aufgeforstet wurden. Daneben führen natürliche Ursachen wie schlechte Witterung während der Brutzeit und Überschwemmungen zu einem Bestandsrückgang.

Die Nachtigall gehört zur Familie der Drosselvögel, ihre nächsten Verwandten sind Sprosser und Blaukehlchen. Die Nachtigall ist 16 bis 17 Zentimeter groß und damit so groß wie ein Sperling. Auf der Oberseite ist ihr Gefieder rötlichbraun mit kastanienbraunem Oberschwanz, die Unterseite ist blass graubraun. Der Gesang der Männchen nachts bis in den frühen Morgen dient dazu, Weibchen anzulocken, weshalb ab Mitte Mai nachts meist nur noch ledige Männchen singen. Später dann bis Mitte Juni singen die Männchen auch tagsüber, um ihr Revier gegen andere Männchen zu verteidigen. Die Jungen erlernen ihren Gesang in früher Jugend von benachbarten Vögeln.

Beobachter von Nachtigallen sollten sich bei Karl-Heinz Rosanowski mit Namen und Vornamen, Ort undZeit der Beobachtung melden.

EMail: kh-rosanowski@gmx.de, Telefon: 05121 / 84383.

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