Entsorgte Masken und Gummibänder: Eine Gefahr für die Störche

Kreis Hildesheim – Naturschutzbund warnt: Achtlos weggeworfene Gummibänder oder Einmal-Masken können für Störche und andere Vögel im Landkreis Hildesheim das Todesurteil bedeuten.

Verklumpte Gummibänder im Bauch: Störche nehmen zahlreiche Insekten und Würmer auf, um diese an ihre Jungtiere im Nest zu verfüttern. Von der Form her seien Gummibänder für diese Vögel Würmer, der Geschmack spiele keine Rolle, weiß die Tierschützerin. Erst vor wenigen Tagen sei wieder ein Jungstorch mit verklumpten Gummibändern im Bauch im Artenschutzzentrum in Leiferde eingeliefert worden.

Der Jungstorch machte einen sehr geschwächten Eindruck, konnte den Kopf kaum heben, war mager, hatte Atemgeräusche und seine Luftröhre war nicht frei. „Da er ein Gummiband um den Schnabel hatte, war auch zu befürchten, dass er weitere davon abgeschluckt hatte“, berichtet Rogoschik weiter. Die Befürchtung bewahrheitete sich im Lauf der Untersuchung. Der Storch würgte schließlich ein Knäuel aus: ein riesiges Gewölle von 136 Gramm, zehn mal fünf Zentimeter lang, mit zahlreichen Gummibändern. Zur weiteren Abklärung wurde das Tier in die Tierärztliche Hochschule nach Hannover gebracht.

Wo kommen die Gummibänder her?

Für Nabu-Mitarbeiterin Rogoschick ein Rätsel: „Wir fragen uns immer wieder, wo haufenweise Gummibänder herumliegen, die von Störchen aufgenommen werden können?“. Kein Zweifel: Jeder kenne und benutzte Gummibänder. Doch so hilfreich sie für den Menschen sind, so negativ können sich Gummibänder in der freien Landschaft auswirken.

Störche seien bei der Nahrung bekanntlich regelrechte Vielfresser: Mäuse, Insekten, Fische, Frösche, zählt der Gronauer Storchen-Experte Manfred Weinhold auf. Wegen mangelnder Niederschläge sei eben auch das Nahrungsangebot für Störche geringer. Selbst auf Müllkippen würden sie mitunter nach Futter suchen. „Dass sie Gummibänder zu sich nehmen, habe ich bislang aber noch nicht gesehen“, sagt der 71-Jährige, der seit Jahren nicht nur Störche beobachtet, sondern viele Vögel in freier Natur fotografiert.

“Jede zweite Brut ist leider gescheitert” sagte Manfred Weinhold

Im Landkreis Hildesheim hatten in diesem Jahr eigentlich so viele Weißstorch-Paare mit Nestbau und Brüten begonnen wie seit Jahrzehnten nicht. Zehn Nester mit Störchen sind zunächst gesichtet worden. Doch ein Rekord an Nachwuchs stellte sich dennoch nicht ein. „Jede zweite Brut ist leider gescheitert“, berichtet Weinhold.

Sind Gummibänder Schuld?

Jeweils zwei Jungstörche konnte er in Ruthe, Gronau, Godenau, Henneckenrode zählen, einen auf der Poppenburg. Schon ab Anfang August werden sie ihre lange Reise in wärmere Gefilde antreten. Die meisten von ihnen werden den Winter in Südfrankreich, Spanien oder Nordafrika verbringen.

Erfolglos hingegen seien die Paare in Brüggen, Alfeld, Elze, Hoheneggelsen und an den Derneburger Teichen gewesen. Das Nest am Elzer Klärwerk sei gar nicht erst besetzt gewesen, ebenso in Kemme. Dort war im Vorjahr nach langer Zeit ein Storchenpaar auf einem extra errichteten Horst gesichtet worden.

Bei Alfeld war in der vergangenen Woche sogar ein männlicher Storch tot aufgefunden worden. Er hatte keinerlei äußere Verletzungen. Könnten ihm verschluckte Gummibänder zum Verhängnis geworden sein? „Das ist nicht bekannt“, antwortet der Gronauer Experte.

Kein gutes Storchenjahr

Es sei ohnehin kein Storchenjahr gewesen, bilanziert der Gronauer. Der Trend im Landkreis Hildesheim deckt sich mit bundesweiten Beobachtungen. Der Rückgang bei der Zahl der Bruten wird vor allem auf das äußerst trockene Wetter im Frühjahr zurückgeführt.

Gerettet hat Weinhold allerdings gerade fünf junge Turmfalken. Sie waren in Eddinghausen aus dem Nest gestürzt – vermutlich wegen eines morschen Dachbretts. Die Eltern haben sich seitdem nicht mehr zu den Jungvögeln am Boden getraut. Der 71-Jährige hat das Quintett vorsichtig aufgesammelt, in eine Kiste gepackt und ins Nabu-Artenschutzzentrum nach Leiferde gefahren. „Sonst hätten sie keine Chance gehabt.“

Von Renate Klinik © Hildesheimer Allgemeine Zeitung