Nicht alle EU-Schutzgebiete für Flora und Fauna sind bislang gesichert – trotz Ultimatum vom Minister

Eines der geschützten FFH-Gebiete im Raum Hildesheim ist der Haseder Busch, der im Frühjahr von einem Teppich von Hohlem Lerchensporn überzogen ist.Foto: Archiv

Am 5. Juni ist es 29 Jahre her, dass die Europäische Union ihre FFH-Richtlinien in Kraft gesetzt hat. FFH, also Flora- und Fauna-Habitate, sind Schutzgebiete für Pflanzen und Tiere, in denen Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft nur eingeschränkt erlaubt sind. Um aber überhaupt zu wissen, was genau da geschützt werden soll, sind Landkreise und Städte verpflichtet, eine exakte Gebietsbeschreibung zu erstellen.Damit allerdings ließen sich viele Zeit. Sehr viel Zeit. Im Laufe der Jahre hat die EU zwar immer wieder die fehlenden Projektbeschreibungen angemahnt. Doch weil auch mehr als fünf Jahre nach Androhung von Strafzahlungen einige EU-Schutzgebiete in Niedersachsen immer noch nicht „vollständig rechtlich gesichert“ sind und die letzte, von Brüssel gesetzt Frist auch schon Ende 2013 ausgelaufen ist, könnte es für die säumigen Kommunen langsam ungemütlich werden.

Denn nun hat Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies ihnen ein Ultimatum gesetzt, „spätestens bis Mitte Juli“ die Schularbeiten gemacht zu haben. Die Stadt Hildesheim, die für die Gebiete im Stadtgebiet zuständig ist, versichert, alle geforderten Biotop-Beschreibungen erstellt zu haben.

FFH-Gebiete, für die sie zuständig oder an denen sie beteiligt ist, sind „Haseder Busch, Giesener Berge, Gallberg, Finkenberg“, die „Tongrube Ochtersum“ mit ihrem Amphibienbiotop, das „Mausohr-Wochenstubengebiet im Hildesheimer Bergland“ mit der Fledermaus-Wochenstube im Kloster Marienrode und das FFH-Gebiet Beuster mit dem Naturschutzgebiet „Am roten Steine“, in dessen Nähe das geplante Baugebiet Wasserkamp entstehen soll.

Der Landkreis hingegen hat seine Liste noch nicht abgearbeitet, hat allerdings auch deutlich mehr Gebiete zu bearbeiten. Zur vollständigen „rechtlichen Sicherung“ fehlen noch Nutzungs- und Verhaltensbeschreibungen sowie entsprechende Ge- und Verbote für die Habitate „Doberg und Weenzer Bruch“ und „Hallerburger Holz“.

„Die beiden Verordnungsverfahren sind weit fortgeschritten“, versichert der Landkreis. „Es folgt hierzu in Kürze auch eine letzte öffentliche Auslegung des Verordnungsentwurfs.“ In der letzten Sitzung vor den Sommerferien sollen die Verordnungen dann vom Kreistag beschlossen werden.

Das „Hallerburger Holz“ sei ein landkreisübergreifendes Gebiet, so dass sich Hildesheim mit der Region Hannover auf eine einheitliche Darstellung der Schutzziele habe verständigen müssen. Das habe „etwas mehr Zeit“ beansprucht, sei inzwischen aber abgeschlossen.

Komplizierter als gewöhnlich ist auch die Situation im Gebiet „Doberg und Weenzer Bruch“: Hier gibt es ein Bodenabbaugebiet, so dass der Landkreis eine gemeinsame Lösung mit dem Bergamt finden musste, wie bergrechtliche Belange mit FFH-Vorgaben in Einklang zu bringen sind. „Das war sehr anspruchsvoll“, so der Landkreis. „Aber auch dies ist mittlerweile aufgearbeitet und das Sicherungsverfahren kann zum Abschluss gebracht werden.“

In Niedersachsen gibt es 385 FFH-Gebiete mit einer Fläche von zusammen 610 000 Hektar, für 33 hatte Lies die rechtliche Sicherung angemahnt. Von den 71 EU-Vogelschutzgebieten sind 45 noch nicht komplett gesichert; sie haben zusammen eine Fläche von 686 550 Hektar. Niedersachsen ist das einzige Bundesland, das immer noch hinterherhinkt. Kommen die Kommunen nicht umgehend in die Strümpfe, droht die EU mit Strafzahlungen von bis zu 300 Millionen Euro – jährlich.

© Hildesheimer Allgemeine Zeitung 27.02.2021