Stadt hat vom Fachmann das Artenvorkommen ermitteln lassen

Aus der HAZ vom 26,04,.2021 von Rainer Breda

Hildesheim. Legt die Stadt einen Rundweg um den Hohnsensee an, der auf ganzer Länge direkt am Ufer entlang führt – also auch auf der nordwestlichen Seite, die derzeit für Spaziergänger tabu ist, weü sie innerhalb des Jo-Bad-Geländes hegt? Noch ist die Entscheidung nicht gefallen, sind mehrere Fragen offen. Auf eine gibt es demnächst eine Antwort ^-nämlich darauf, inwieweit Vögel durch Spaziergänger gestört würden, wenn diese künftig direkt am Wasser unterwegs wären.Um das herauszufinden, hatte die Stadt im vergangenen Jahr den Biologen Dr. Reiner Theunert angeheuert: Der 59-Jährige betreibt ein Fachbüro für Umweltplanung; am Hohnsensee sollte er herausfinden, wie groß dessen Bedeutung für Vögel ist, die im Winter dort Rast machen. Dass das Gewässer bei ihnen hoch im Kurs steht, ist bekannt – aber welche Tiere genau dort zu finden sind und in welchem Ausmaß, war bislang nicht klar. Und so machte sich Theunert in den vergangenen acht Monaten etwa alle zwei Wochen von seinem Büro in Hohenhameln zum Hohnsensee auf, um dort jeweüs drei Stunden mit dem Fernglas Ausschau nach Rastvögeln zu halten – angesichts der See-Größe von 9,5 Hektar kein leichtes Unterfangen.

Um dennoch den Überblick zu behalten, teüte der Biologe das Gelände per GPS-Messung in drei Zonen ein, von denen eine das Nordwestufer büdete – eben jener Bereich, an dem der neue Weg nach den bisherigen, allerdings nur sehr vorläufigen Planungen vorbeiführen würde. Doch Theunert lief auf seinen Rundgängen – die er mal vormittags, mal nachmittags unternahm – auch die anderen beiden Bereiche ab. Bei Wind und Wetter, im Februar bei äußerst frostigen minus 20 Grad. Der Experte hielt fest, welche Vögel sich wo am See aufhalten, wann sie wo was fressen, wann sie sich ausruhen.

Über das genaue Ergebnis muss sich Theunert noch in Schweigen hüllen: Er hat sein Gutachten zwar dieser Tage im Rathaus abgeliefert; die Verwaltung will die Ergebnisse aber voraussichtlich im Juni dem Stadtentwicklungsausschuss vorstellen und die Politiker nicht dadurch verprellen, dass die Expertise vorab in die Öffentlichkeit gelangt.

Nordwestufer habe Theunert Graureiher, Graugänse und Kormorane ausgemacht, berichtet Rathaus-Sprecher Helge Miethe – besondere Arten aber, die gefährdet und/oder streng geschützt seien, hätten sich dort nicht auf gehalten. Was man zwischen den Zeilen durchaus so interpretieren kann, dass das Rastvögel-Aufkommen dem Rundweg nicht grundsätzlich im Weg stehen würde. Tatsächlich haben zum Beispiel Graugänse mit Menschen in ihrer Nähe kein Problem, wie sich an anderen Seen beobachten lässt – Kormorane sind allerdings deutlich scheuer. Er gebe in Sachen Weg durchaus eine Empfehlung ab, sagt Theunert: „Welche, darf ich nicht verraten.”

Ein bestimmter Teü der Arbeit des Biologen dürfte im übrigen vor allem Jo-Bad-Betreiber Matthias Mehler interessieren: Quasi nebenbei hat Theunert Beobachtungen „zum Koteintrag” der Vögel in den Hohnsensee gemacht und deren Folgen in Form von Algenblüten erlebt. Die Exkremente seien nicht die einzige Ursache dafür, aber wohl eine der wesentlichen Ursachen, ist der Umweltfachmann sicher. Was im Umkehrschluss bedeuten könnte: Entscheidet sich die Stadt für den Rundweg und vertreibt dieser einige Vögel, wäre das der Wasserqualität des Sees nicht abträglich. Melher hat immer wieder mit Blaualgen zu kämpfen, der See ist in den vergangenen Jahren wegen dieser regelmäßig gesperrt worden

© Hildesheimer Algermeine Zeitung