Ernährungssicherheit: Ackern auf Brachen und Extrageld für Landwirtschaft

Newsletter zur Europäischen Umweltpolitik 10/22 Deutsch Naturschutz Ring (DNR)

Die EU-Kommission hat vor dem Hintergrund des Ukrainekrieges am Mittwoch neue Vorschläge gemacht, um die Ernährungssicherheit der EU zu gewährleisten und die Widerstandsfähigkeit der Ernährungssysteme weltweit zu stärken. Die eigentlich geplanten Gesetzesvorschläge zur Renaturierung (EU-News 23.03.2022) und zur Reduzierung von Pestiziden (EU-News 24.03.2022) wurden auf unbestimmte Zeit verschoben. Umweltverbände reagieren kritisch.

Was steckt drin?Der Vorschlag der EU-Kommission umfasst eine finanzielle Unterstützung der europäischen Landwirtschaftsbetriebe von insgesamt 500 Millionen Euro, die die Mitgliedstaaten an die Betriebe verteilen sollen, die von der Krise am stärksten betroffen sind, und die vorrangig für folgende Zwecke zu verwenden sind: Kreislaufwirtschaft, Nährstoffmanagement, effiziente Ressourcennutzung sowie umwelt- und klimafreundliche Produktionsmethoden. In Ausnahmefällen soll es möglich sein, diese EU-Beihilfe bis zu 200 Prozent durch nationale Mittel zu ergänzen. Die Mitgliedstaaten sollen bis spätestens Ende Juni mitteilen, welche Maßnahmen mit welchen Auswirkungen unterstützt und nach welchen Kriterien die Beihilfen gewährt werden. Auf Deutschland fiele ein Anteil von etwas über 60 Millionen Euro.

Als befristete Notfallmaßnahme für das Antragsjahr 2022 ermöglicht eine Ausnahmeregelung die Erzeugung von Gras auf Brachflächen und von Pflanzen für Lebens- und Futtermittel, um die Produktionskapazität der EU zu erhöhen. Zudem sollen die Mitgliedstaaten ihre GAP-Strategiepläne überarbeiten, um die Betriebe bei der Verringerung des Einsatzes von Düngemitteln zu unterstützen, beispielweise durch Präzisionslandwirtschaft, ökologischen Landbau, Agrarökologie und durch Beratung und Schulung zum Nährstoffmanagement.

Global ist die Beteiligung der EU an acht Aktionsbündnissen geplant, dies soll laut EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis helfen, das Problem der weltweiten Ernährungssicherheit anzugehen, den steigenden Lebensmittelpreisen in Europa zu begegnen und die Widerstandsfähigkeit gegenüber bestimmten Agrarimporten zu stärken. Die acht Bündnisse sind:

  • „Lebensmittel sind niemals Abfall“
  • „Gesunde Ernährung aus nachhaltigen Lebensmittelsystemen für Kinder und alle Menschen“
  • „Schulspeisungen“
  • „Lebensmittel aus dem Wasser“
  • „Agrarökologie“
  • „Null Hunger“
  • „Bekämpfung von Ernährungskrisen im Rahmen des Nexus-Ansatzes für humanitäre Hilfe, Entwicklungszusammenarbeit und Friedensförderung“
  • „Nachhaltiges Produktivitätswachstum“.

Dies sei „eine Folgemaßnahme zum Weltgipfel der Vereinten Nationen zu Ernährungssystemen, der am 23. und 24. September 2021 in New York stattfand“. Die EU wolle in diesem multilateralen Kontext weiterhin aktiv sein und die Agenda der Farm-to-Fork-Strategie (Vom Hof auf den Tisch) weltweit weiterverfolgen.

Der agrarpolitische Sprecher der grünen Fraktion im EU-Parlament Martin Häusling sagte, die Vorschläge der EU-Kommission zur Ernährungssicherheit seien „mehr Lobby-getrieben als Vernunft-getragen“ und deutete das Zurückdrehen der Ökologisierungs-Initiativen der EU-Kommission für die Ernährungssouveränität der EU als „Rückkehr zur Turboproduktion“, die „an dem Ast sägt, auf dem wir sitzen“.

Die lobbykritische Organisation Corporate Europe Observatory hatte letzte Woche einen Bericht vorgelegt, wie die Pestizid-Industrie hinter den Kulissen gegen die Farm-to-Fork-Strategie lobbyiert hat.

© DNR

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