Die ersten Gemeinden in Deutschland reagieren bereits auf die Gefahr durch die Maschinen. Für Region und Stadt will die Arbeitsgruppe Igel, dass sie nur tags und beaufsichtigt eingesetzt werden dürfen.
Aus der Hildesheimer Allgemeine Zeitung von 8.8,2024
Von Kathi Flau
Wenn am kommenden Sonntag, 11. August, das Tierheimfest in der Mastbergstraße startet, dann wird Marianne Rübesamen mit ihren Mitstreitern aus der Arbeitsgruppe Igel vor Ort sein, um ein Problem zu thematisieren, das sie wie viele andere Tierschützer regional und bundesweit beschäftigt: die Sicherheit der Igel. Die ist nämlich durch Mähroboter gefährdet, vor allem dann, wenn die Geräte nachts unbeaufsichtigt durchs Gras fahren, dort, wo die Igel ebenfalls aktiv sind.Allein in dieser Saison hat das Tierheim sechs teils schwerverletzte Igel behandelt“, sagt Rübesamen, „der letzte ist vor wenigen Tagen verendet.“ Und Gabriele Mayen, ebenfalls in der Igel-AG aktiv, ergänzt: „Ich habe schwer verletzte Igel in die Tierärztliche Hochschule gebracht. Aber man konnte ihnen dort nicht mehr helfen.“ Immer wieder Igel mit abgetrennten Gliedmaßen oder tiefen Schnittverletzungen am Körper oder im Gesicht: Die Arbeitsgruppe, die übergreifend sowohl zum BUND als auch zum Ornithologischen Verein Hildesheim gehört, fordert nun ein Nachtfahrverbot für Mähroboter.
Die Gefahr durch die Maschinen ist seit Jahren bekannt – passiert zum Schutz der Tiere ist bisher dennoch wenig. „Weil Mähroboter Tiere nicht als Hindernis erkennen, werden sie einfach überrollt. Die scharfen Messer durchschneiden Fleisch und Stacheln mühelos“, schreibt der Dachverband der Tierschutzvereine auf der Igel-Themenseite seiner Homepage. „Wenn die Tiere überleben, schleppen sie sich oft schwer verletzt ins Gebüsch, wo sie dann verenden.“
Normalerweise sind Igel durch ihre Stacheln geschützt. Wenn sie eine Gefahr erkennen, wie ein auf sie zurollender Roboter sie darstellt, dann ergreifen sie deshalb nicht wie andere Tiere die Flucht. Sie rollen sich zu einer Kugel zusammen. Von den Mährobotern wiederum werden sie genau deshalb aber nicht als Hindernis erkannt und überrollt. Die scharfen Messer der Maschine verletzen sie oft schwer oder tödlich.
Wenn nicht etwas dagegen unternommen wird. Die ersten Gemeinden in Deutschland machen es vor: So hat die Gemeinde Nuthetal in Brandenburg unlängst ein Nachtfahrverbot von Mährobotern von 20 bis 7 Uhr angeordnet, um die dämmerungs- und nachtaktiven Igel zu schützen. In Niedersachsen diskutiert die Stadt Wiesmoor derzeit ebenfalls über ein Nachtfahrverbot.
In diesem Jahr hat Marianne Rübesamen das Thema auch als Mitglied in den Klein Escherder Ortsrat eingebracht, die Gemeinde Nordstemmen prüft, ob ein Verbot auch dort möglich ist. „In den allgemeinen Wohngebieten ist das Nachtfahrverbot bereits durch die Maschinenlärmschutzverordnung geregelt“, teilt Rübesamen mit. In Mischgebieten aber oder in Gebieten ohne Bebauungsplan müsse das Nachtfahrverbot erst in die Gefahrenabwehrverordnung aufgenommen werden. „Für die Stadt und den Landkreis Hildesheim wünschen wir uns, dass wir mit gutem Bespiel vorangehen, ein Nachtfahrverbot beschließen und der Natur mehr Aufmerksamkeit schenken“, so Rübesamen.
Selbst bei als „igelsicher“ ausgewiesenen Mährobotern kann es entgegen der Angaben der Hersteller zu schweren Verletzungen der Tiere kommen, wie Untersuchungen mit Mährobotern zeigten. So sind in einer Studie der Universität Aalborg in Dänemark 18 Mähroboter getestet worden, die teilweise als igelsicher vermarktet wurden. Für den Test wurden frisch verstorbene Igel in unterschiedlicher Größe ins Prüffeld gelegt. Keines der Geräte stoppte vor dem Tier.
Ebenso ernüchternd: das Ergebnis einer Untersuchung der Stiftung Warentest (Ausgabe 4/2024). Kein einziger der getesteten Mähroboter bekam das Prädikat „gut“ oder „sehr gut“. Mithilfe einer Attrappe simulierten die Tester einen Kinderarm. Sieben von acht Geräten stoppten nicht.
Nur weil es sich bei der Attrappen-Prüfung nicht um eine Normprüfung handelt, erhielten sechs Modelle immer noch ein „ausreichend“ für die Sicherheit, wie die Deutsche Presseagentur zum Testergebnis schreibt. Der Freelexo CAM 500 von Einhell schnitt am besten in der Sicherheitsprüfung ab. Er überfuhr den Kinderarm nicht. Allerdings brach er aus seinem Zuständigkeitsbereich aus und erhielt deshalb im Test nur ein „ausreichend“.
Der Igel, das Wildtier des Jahres 2024, ist auf einer bundesweit geltenden Vorwarnliste der roten Liste für bedrohte Arten aufgeführt.
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