Ackerwildkrautschutz auf der Wernershöhe (Ldkr. Hildesheim) im Jahr 2011

Zusammenfassung für die Paul-Feindt-Stiftung

von Heinrich Hofmeister

Blick von Wernershöhe ins Harzvorland (alle Fotos: Hofmeister)

Auf den Ackerflächen der Wernershöhe, die von Landwirt W. Bertram aus Everode unter ökologischen Gesichtspunkten bewirtschaftet werden, zeichnete sich die Ackerbegleitflora in der Vegetationsperiode 2011 wiederum durch eine erfreuliche Bestandssituation aus. Unter den 25 bemerkenswerten Ackerwildkräutern (s. Anlage 1) befinden sich 17 Arten der Roten Liste der Farn- und Blütenpflanzen in Niedersachsen und Bremen (GARVE 2004), darunter der vom Aussterben bedrohte Einjährige Ziest (Stachys annua) sowie die stark gefährdeten Arten Acker-Hahnenfuß (Ranunculus arvensis), Kleinblütiger Frauenspiegel (Legousia hybrida), Venuskamm (Scandix pecten-veneris) und Gefurchter Feldsalat (Valerianella rimosa) sowie fünf Vertreter der Vorwarnliste. Neben der beachtlichen Anzahl an gefährdeten Arten muß deren außergewöhnlicher Individuenreichtum (s. Anlage 1) besonders hervorgehoben werden. Mit mehr als 10.000 Individuen waren in diesem Jahr Einjähriger Ziest (Stachys annua), Acker-Hahnenfuß (Ranunculus arvensis), Kleinblütiger Frauenspiegel (Legousia hybrida), Gezähnter Feldsalat (Valerianella dentata), Acker-Zahntrost (Odontites verna) sowie Schmalblättriger Hohlzahn (Galeopsis angustifolia) vertreten. Mehr als 1.000 Individuen wurden von Acker-Rittersporn (Consolida regalis), Vaillants-Erdrauch (Fumaria vaillantii) und Acker-Lichtnelle (Silene noctiflora) erreicht.

Die positive Bestandssituation der Ackerwildkräuter auf der Wernershöhe ist nicht nur auf die günstigen standörtlichen Gegebenheiten (HOFMEISTER 1992, 2007), sondern in hohem Maße auf die ökologische Bewirtschaftung mit Verzicht auf Pflanzenschutzmittel und Mineraldünger sowie die geringen Saatdichten und längeren Stoppelbrachen zurückzuführen. Ebenfalls hat der praktizierte Fruchtwechsel erheblich zur Verbesserung der ertragsarmen Böden beigetragen und zu einer optimalen Entwicklung der Ackerwildkrautgesellschaften geführt.

Die Nutzung der Teilflächen im Jahr 2011 ist aus der Karte zu ersehen (Karte des Gebietes: Parzellen 2a, 2b, 3 und 4 zusammen ca. 25 ha).

Parzelle 1 wurde von Landwirt Reinhardt (Sack) bewirtschaftet. Sie war mit Gerste bestellt und bildete mit ihrem uniformen Bestandsaufbau einen krassen Gegensatz zu den artenreichen

und bunten Beständen der extensiv bewirtschafteten Ackerflächen. Nur im Randbereich konnten sich einige der im Samenpotential vorhandenen Leitarten der Wernershöhe entwickeln (Anlage 1: Bemerkenswerte Arten 2011 – Probefläche 1)


Consolida regalis und Papaver rhoeas im Roggen                                                     Legousia hybrida

Auf den Parzellen 2a und 2b war Roggen angebaut, der vor allem wegen der anhaltenden Trockenheit im Frühjahr an vielen Stellen nur lückenhaft entwickelt war. Dagegen wies die Ackerbegleitflora mit 16 Arten der Roten Liste und unwahrscheinlich hohen Individuenzahlen (Anlage 1) einen optimalen Entwicklungszustand auf. Im Hinblick auf das massenhafte Vorkommen der vom Aussterben bedrohten und stark gefährdeten Arten erwies sich der Roggenanbau auf den aus naturschützerischer Sicht besonders wertvollen Flächen wiederum als optimal.


Ranunculus arvensis


Papaver lecoqii,  Stachys annua,  Scandix pecten-veneris

Auf Parzelle 3 (Karte oben) wies der Hafer, der hier aus Gründen des Fruchtwechsels angebaut wurde, als Folge geringer Niederschläge im Frühjahr eine geschwächte Vitalität auf. Das galt auch für die Ackerwildkräuter, die sich im Sommergetreide, in dem grundsätzlich Winterkeimer stark zurücktreten bzw. fehlen, nicht so gut entfalten konnten wie in anderen Jahren und nur einen geringen Teil des Bodens bedeckten. Immerhin wurden 9 Rote Liste- Arten gefunden, darunter Gezähnter Feldsalat (Valerianella dentata), Acker-Augentrost (Odontites verna), Vaillants-Erdrauch (Fumaria vaillantii) und Acker-Rittersporn (Consolida regalis) mit jeweils mehr als 100 Exemplaren.

Rot-Klee, der auf den nährstoffarmen Kalkverwitterungsböden als Fruchtwechselglied zur Bodenverbesserung eine wichtige Funktion erfüllt, war auf Parzelle 4 zu finden. In den Bestandsflächen ließen sich zahlreiche Ackerwildkräuter registrieren, darunter 9 Vertreter der Roten Liste mit teilweise hohen Individuenzahlen. Besonders bemerkenswert war das Auftreten von mehr als 1.000 Individuen der Acker-Lichtnelke (Silene noctiflora) in auffallend üppiger Vitalität sowie das Vorkommen des Gekielten Feldsalats (Valerianella carinata), der in den letzten Jahren nicht auf der Wernershöhe gefunden wurde. Als Problemunkräuter gelangten Nickende Distel (Carduus nutans) und Krause Distel (Carduus crispus) zur Massenentfaltung.

Die Ackerflächen im Naturschutzgebiet Wernershöhe zeichnen sich durch ein für Kalkäcker typisches Gesellschaftsgefüge mit einem großen Farbenreichtum und einer großen Vielfalt an seltenen Pflanzenarten aus und stellen damit ein Schutzgebiet für Ackerwildkräuter dar, wie es sonst in Deutschland kaum zu finden ist. Es ist zu hoffen, dass die ökologische Bewirtschaftung in der bisherigen Weise fortgesetzt wird, um die optimale Bestandssituation der Ackerbegleitflora zu erhalten.

Literatur
GARVE, E. (2004): Rote Liste der gefährdeten Farn- und Blütenpflanzen in Niedersachsen und Bremen, 5.Fassung vom 1.3.2004. – Inform.d. Naturschutz Niedersachs. 24, Nr.1 (1/04): 1 – 76.
HOFMEISTER, H. (1992): Ackerwildkrautschutz auf der Wernershöhe (Landkreis Hildesheim, Nordwestdeutschland). – Tuexenia 12: 285 – 299.
HOFMEISTER, H: (1995): Die Ackerunkrautgesellschaften der Braunschweig-Hildesheimer Lößbörde.- Naturkdl. Mitt. Orn. Verein Hildesheim 16.
HOFMEISTER, H. (2007): 20 Jahre Ackerwildkrautschutz auf der Wernershöhe (Lkr. Hildesheim). – Inform. d. Naturschutz Niedersachs. 27, Nr.2: 96 – 102.

Anschrift des Verfassers:
Dr. Heinrich Hofmeister Willi-Plappert-Straße 5
31137 Hildesheim

Anlage 1

Bemerkenswerte Arten auf der Wernershöhe 2011 TK 25 – Nr. 3925/3, 9. (u. 10.) Minutenfeld Erläuterung der Mengenangaben:

Größenklasse Anzahl Sprosse/Horste
1 1
2 2 – 5
3 6 – 25
4 26 – 50
5 51 – 100
6 > 100
7 > 1.000
8 > 10.000
Nr. der Probefläche Kulturart 1 Gerste konv. 2a Roggen 2b Roggen 3 Hafer 4 Klee S 2011 S 2010
Stachys annua RL 1 6 8 2 1 8 6
Ranunculus arvensis 7 8 3 8 8
Legousia hybrida RL 4 8 6 5 5 8 7
Valerianella rimosa 2 6 4 1 6 3
Scandix pecten-veneris 6 6 6
Valerianella dentata 6 8 8 7 8 8 8
Odontites verna 4 6 8 7 7 8 8
Galeopsis angustifolia RL 7 8 8 8
Consolida regalis 6 7 7 6 6 7 8
Fumaria vaillantii 3 7 4 5 6 7 8
Silene noctiflora 6 4 5 7 7 7
Anthemis arvensis 6 4 5 6 8
Centaurea cyanus 4 5 5 2
Lithospermum arvense 2 1 2 6
Ajuga genevensis 2 2 3
Sherardia arvensis 3 2 6
Papaver lecoqii RL G 4 2 4 4
Thlaspi perfoliatum RL 6

3

7 8 7 8 6
Euphorbia exigua V 6 6 5 6 7 8
Lathyrus tuberosus 6 6 6
Papaver argemone 6 6 2 3 6 6
Rhinanthus minor 6 6 6
Bromus commutatus RL * 4 4
Valerianella carinata 6 6
Allium oleraceum 2 3 3 6
8 21 16 12 14 25 23

Zum Weiterlesen:
HOFMEISTER, H. (2017): Bunte Felder auf der Wernershöhe bei Alfeld – Schutzgebiet für Ackerwildkräuter. In: Natur und Landschaft im Landkreis Hildesheim. Schriften der Paul-Feindt-Stiftung (9): 90-96. Hildesheim.

 

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