Aus der HAZ vom 29.01.2016 Schmetterling wärmt sich in der Januar-Sonne
Familie Schaare entdeckt einen Großen Kohlweißling und freut sich über den seltenen Anblick
Von Marita Zimmerhof
HILDESHEIM. Nanu. Eben tanzten noch die Schneeflocken durch die Luft. Und jetzt das: Am Kuhanger entdeckten Klaus Schaare und seine Familie diesen kleinen Frühlingsboten, der sich in der Jahreszeit ganz offensichtlich vertan hat. Denn für Schmetterlinge ist es im Januar in unseren Breiten eindeutig viel zu kalt. Bei dem fragilen Wesen handelt es sich um einen Großen Kohlweißling, auch Pieris brassicae genannt. Burkhard Rasche. Schmetterlingsexperte im Ornithologischen Verein zu Hildesheim (OVH), weiß es sogar noch genauer: .Es ist ein Weibchen, denn die beiden großen schwarzen Punkte auf dem Vorderflügel hat nur das Weibchen.”
Dass es sich um den Großen und nicht etwa den Kleinen Kohlweißling handelt, steht für die Kenner auch zweifelsfrei fest: „Weil nur bei ihm der dunkle Spitzenfleck weit bis zur Mitte des Vorderflügels reicht.”Der cremeweiße Tagfalter aus der Familie der Weißlinge hat eine Flügelspannweite zwischen 50 und 65 Millimetern. Im Sommer ist er häufiger Gast in Gärten, auf Wiesen und Äckern und von Nordafrika bis Skandinavien zu finden. Er fliegt in zwei, manchmal drei Generationen von April bis Oktober:
In der ersten Generation von Mitte April bis Anfang Juni erscheinen meist nur wenige Falter. In der folgenden Generation zwischen Mitte Juli und Ende August sind in der Regel dann deutlichmehr Tiere zu sehen. Nur in besonders günstigen Jahren fliegt von September bis Oktober noch eine dritte Faltergeneration.Die Weibchen legen ihre Eier zumeist in Gruppen von bis zu 100 Stück an die Blattunterseiten der Wirtspflanzen, Eispiegel werden diese sorgfältig nebeneinander platzierten Batzen auch genannt.Wie der Name vermuten lässt, liebt der Kohlweißling Kohlsorten in allen Variationen, aber auch andere Kreuzblüter stehen bevorzugt auf seinem Speiseplan.
Bei den Wildpflanzen locken ihn wilder Ackersenf und Hederich, doch auch Kapuzinerkresse scheint ihm trotz der leichten Schärfe sehr zu munden. Und das nicht ohne Grund.Die bis zu vier Zentimeter langen Raupen sind auffällig grün-gelb gezeichnet, tragen ein gleichmäßiges Muster aus schwarzen Flecken und Sprenkeln. Diese auffällige Färbung ist für Fressfeinde zugleich eine Warnung: Die Raupen von Pieris brassicae nehmen über die Nahrung nämlich giftige, haut-reizende Senf öle (Isothiocyanate) auf -und werden damit für die meisten potentiellen Fressfeinde ungenießbar.Den Gärtnern machen die Raupen wegen ihrer Gefräßigkeit nicht immer Freude, doch in der Regel bevorzugen die nur die äußeren Kohlblätter und verschonen den eigentlichen Kohlkopf.Die Falter wiederum lieben violette Blütenpflanzen und nutzen hier ein breites Spektrum zum Nektarnaschen. Während ihrer 30-tägigen Entwicklungszeit häuten sich die Raupen viermal. Zur Verpuppung kriechen sie oft ein ziemliches Stück von ihrem Futterplatz weg, ehe sie sich an Mauern oder Dachvorsprüngen einspinnen. Nach etwa zwei Wochen schlüpfen im Sommer die fertigen Falter.
Die Puppe der Herbstgeneration aber ist zugleich das Überwinterungsstadium. aus der im Frühjahr darauf die nächste Generation entsteigt. Die Lebenserwartung eines Kohlweißlings liegt in der Regel bei etwa zwei Monaten.Der Große Kohlweißling ist bislang noch nicht vom Aussterben gefährdet, doch gehen seine Bestände in der letzten Zeit deutlich zurück.Vorbote des Frühlings oder Gruß aus dem vergangenen Sommer?
© Hildesheimer Allgemeine Zeitung