Aus der HAZ vom 06.04.2016 Windpark Escherde Rössing – Vögel bremsen Windpark-Planungen aus
Sachverständiger soll zunächst Tiere im Bereich der geplanten Anlage bei Rössing erfassen
Von Sebastian Knoppik
Klein Escherde/Rössing. Die Planungen für den umstrittenen Windpark zwischen Klein Escherde und Rössing verzögern sich weiter. Die Gemeinde muss nun zunächst ein Gutachten in Auftrag geben, mit dem die Vogelwelt in dem Bereich analysiert wird. Diese Analyse wird aber erst im Juli vorliegen.
Anschließend müssen die Ergebnisse noch in die Vorlage fu?r die Ratsgremien eingearbeitet werden. „Es wird entsprechend verzögert“, sagt Gemeindebürgermeister Norbert Pallentin (SPD). Er ärgert sich selbst darüber, dass die Änderung des Flächennutzungsplans, in dem die zusätzliche Windparkfläche aufgenommen werden soll, nun noch länger dauert, als ursprünglich geplant. „Es ist eine unsägliche Schwebesituation“, findet Pallentin. Zuletzt sahen die Planungen vor, dass die Ratsgremien von Juni an über das Thema beraten.
Bislang hatte die Gemeindeverwaltung stets betont, dass es Aufgabe des Landkreises als zuständige Naturschutzbehörde sei, die Auswirkungen des geplanten Windparks auf die Vogelwelt rund um den Rössingbach zu untersuchen.
Doch da der Landkreis diese Untersuchungen nicht im Rahmen der Aufstellung des Regionalen Raumordnungsprogramms vorgenommen hat, nimmt die Gemeinde die Sache nun selbst in die Hand. „Wir wollen, dass es weitergeht“, sagt Pallentin.
Am morgigen Donnerstag sollen der Finanzausschuss und der Verwaltungsausschus in einem beschleunigten Verfahren 30 000 Euro für die sogenannte avifaunistische Grunderfassung freigeben. Eine Schätzung des Gutachterbüros sieht Kosten von gut 20 000 Euro vor. Mit der Summe von 30 000 Euro sollen alle eventuell entstehenden Kosten abgedeckt werden. Ob der Steuerzahler auf diesen Kosten oder einem Teil davon sitzen bleibt, ist noch unklar. Die Investoren haben zugesagt, die Kosten für die reine Kartierung zu übernehmen. Auch vom Landkreis will sich Pallentin Geld zurückholen.
Der geplante Windpark zwischen Klein Escherde und Rössing ist nicht zuletzt wegen der möglichen Gefahren für die Vogelwelt umstritten. Nach Ansicht der Bürgerinitiative gegen den Windpark werden durch die Windräder auch seltene Vogelarten wie der Rotmilan gefährdet.
Aus offiziellen Unterlagen des Landes geht hervor, dass die Vögel dieser Art tatsächlich am Rössingbach, also in unmittelbarer Nähe des geplanten Windparks, brüten. Einem aktuellen Gutachten im Auftrag der Windpark-Betreiber zufolge liegt aber „eine erhebliche Beeinflussung durch den Betrieb der Windenergieanlagen“ für Vögel und Fledermäuse nicht vor. Klarheit soll nun die Bestandserfassung der Gemeinde bringen.
Der geplante neue Windpark ist aber nicht nur wegen der Auswirkungen auf die Tierwelt umstritten. Die Bürgerinitiative kritisiert auch, dass die Lebensqualität der Menschen eingeschränkt und zudem der Blick auf Schloss Marienburg verstellt werde. Neun Investoren planen in dem Gleisdreieck zwischen Klein Escherde und Rössing nach frühereren Angaben insgesamt sieben Windräder. Die Gesamthöhe beträgt voraussichtlich 200 Meter.
Die potenziellen Betreiber argumentieren, dass es sich um ein Projekt von Bürgern aus Klein Escherde und Rössing handelt. Sie wollen die Energiewende selbst mitgestalten und nicht großen Konzernen überlassen.
Pallentin betont, dass das Verfahren sehr transparent ablaufen werde. Daran ändere auch nichts, dass wie berichtet die Mitglieder des Gemeinderats und der Ortsräte in diesem Monat zunächst in nichtöffentlicher Sitzung über den Stand des Verfahrens informiert werden. „Es liegt mir vollkommen fern, jemanden auszuschließen“, sagt Pallentin.
Die Finanzausschuss-Sitzung beginnt am Donnerstag um 17 Uhr im Rathaus. Weitere Themen sind die Gründung einer Baulandentwicklungsgesellschaft und der Ausbau einer Gemeindeverbindungsstraße.
Anmerkung (AH)
Die Diskussion ist sehr merkwürdig.
Investoren müßten immer die Kosten zu tragen haben, wenn es um Bauanträge oder emissionsrechtliche Fragen nach der BImSchV geht, nicht die öffentliche Hand oder der Steuerzahler. Wenn ein Antrag abgelehnt wird sind die Kosten vom Antragssteller und nicht vom Steuerzahler zu tragen. Das gehört zum unternehmerischen Risiko.
Die Untere Naturschutz Behörde hat in Zusammenarbeit mit dem Ornithologischen Verein zu Hildesheim e.V. eine Gesamtkartierung der Brutreviere des Rotmilans in Kreis Hildesheim durchführen lassen. Die Qualifikation der mitwirkenden Vogelkundler steht auf dem gleichen Niveau wie die der kommerziellen Gutachter. Letztere haben in der Regel die gleiche “Ausbildung” zum „Ornithologen“ wie die Avifaunsisten des OVHs. Man lernt bei “Doing”.