Aus der HAZ vom 13. Mai 2016 OVH bleibt selbstständig
Fusionspläne sind vom Tisch: 93 Prozent der Ornithologen in der Region Hildesheim wollen weiterhin eigenständig bleiben
Hildesheim. Fusion: ja oder nein? Über Jahre haben die Mitglieder des Ornithologischen Vereins zu Hildesheim (OVH) und des Kreisverbands des Naturschutzbunds Deutschland (Nabu) über das Für und Wider beraten. Nun ist die endgültige Entscheidung gefallen: Auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung haben sich die Ornithologen mit großer Mehrheit gegen einen Zusammenschluss ausgesprochen: 93 Prozent der OVH-Mitglieder lehnen die Verschmelzung ab. Damit dürfte das Thema nun ein für allemal begraben sein.Derzeit zählt der OVH aktuell knapp 900 Mitglieder, doch wie viele andere Vereine hat auch er erhebliche Nachwuchssorgen. Neben fördernden Mitgliedern braucht die regionale Naturschutzorganisation vor allem tatkräftige Unterstützer mit biologischen Kenntnissen, um ihre vielfältigen ehrenamtlichen Aufgaben im Bereich der Arten- und Bestandserfassung oder auch im praktischen Naturschutz in den Schutzgebieten bewältigen zu können. In Stadt und Kreis betreut die vereinseigene Paul-Feindt-Stiftung, die nach einem der OVH-Gründerväter benannt ist und über ein beträchtliches Stiftungskapital verfügt, inzwischen mehr als 1000 Hektar Schutzgebiete, die nach ökologischen Gesichtspunkten gepflegt werden.
Wenn es raus geht ins Gelände, um bedrohte Flächen vor Verbuschung zu bewahren, um Nistkästen aufzuhängen oder um Tier- und Pflanzenarten zu kartieren, sind Sachkenntnis und Muskelkraft gleichermaßen gefragt. Vor diesem Hintergrund hätte einiges für eine Fusion beider Gruppen gesprochen, die ähnliche Ziele verfolgen – und die ihre Kräfte damit hätten bündeln können.
Vor einigen Jahren spielte der Nabu in der Region praktisch noch keine Rolle. Nach mehreren intensiven Mitgliederaktionen, bei denen bezahlte Werber von Haus zu Haus zogen, hat der Kreisverband inzwischen ebenfalls eine beachtliche Größe bekommen und den OVH nach Zahlen sogar überrundet.
Viele dieser Neueintritte sind indes reine Förderer. Doch während der OVH Herr im eigenen Haus ist und seine Kasse selbst gestalten kann, ist die Nabu-Kreisgruppe in einen bundesweit tätigen Verein eingebunden, nur ein Bruchteil der Mitgliedsbeiträge bleiben am Ort – der Löwenanteil muss an den Landesund Bundesverband abgeführt werden.
Schon bei einer gemeinsamen Versammlung Ende 2013 sorgten diese grundverschiedenen Systeme für heftige Diskussionen. Doch beide Seiten schienen gewillt, sich aufeinander zuzubewegen. Es gab mit Andreas Humbert sogar schon einen gemeinsamen Vorsitzenden. Und eine Mehrheit beider Vereine votierte damals für eine Verschmelzung.
Eine Arbeitsgruppe im OVH sollte die weiteren Schritte vorbereiten. Doch richtig Fahrt nahm das Projekt Vereinigung nicht wirklich auf. Im Februar 2015 haben beide Vereine in einer gemeinsamen Hauptversammlung ihre Vorstandsstrukturen wieder entflochten und eigene neue Vorstände gewählt. Andreas Humbert behielt den Vorsitz der 2011 gegründeten Nabu-Kreisgruppe, die Geschicke des OVH leitet seither der ausgewiesene Ornithologe Alistair Hill als geschäftsführender Vorsitzender.
Sowohl Hill als auch Humbert betonten damals, dass es zwischen den Vereinen keinen Streit gebe, dass die Entscheidung im Einvernehmen getroffen worden sei – und dass das Thema Fusion damit auch nicht vom Tisch sei. Nun ist sie das doch.
Die Arbeitsgruppe untermauerte nun die wachsende Skepsis vieler OVH-Mitglieder: Der OVH könne sein Engagement für den regionalen Naturschutz als selbständiger und politisch unabhängiger Verein besser fortsetzen als unter dem Dach des großen bundes- und landesweit agierenden Nabu, hieß es nun auch auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung. Für den OVH bedeutet das nun allerdings, die Wahrnehmung des Vereins in der Bevölkerung zu schärfen und „eine zukunftsfähige Neuausrichtung“ der Arbeit voranzutreiben. „Der jetzt vom OVH eingeschlagene Weg bedeutet keine Abkehr von der bisher erfolgreichen Kooperation mit dem Nabu-Kreisverband“, betont Hill zugleich. Vielmehr soll diese etwa auf dem Gebiet der Umweltbildung und der verbandsrechtlichen Stellungnahmen bei Bauvorhaben nach Bedarf noch intensiviert werden.
In den 27 Jahren ihres Bestehens habe die Paul-Feindt-Stiftung mit Unterstützung des OVH Hervorragendes geleistet, sagte Hill und erinnerte vor allem an den unermüdlichen Einsatz von Manfred Bögershausen und Bernd Galland, dem Vorsitzenden der Stiftung. „Diese Arbeit gilt es fortzuführen.“
© Hidesheimer Allgeimeine Zeitung