Ein Blick zurück: Aus der HAZ vom 15. März 2003
Ornithologen beobachten in der Feldmark zwischen Rössing, Giesen und Emmerke Zehntausende von Exemplaren
Kreis Hildesheim/Emmerke (wü)
Noch liegt der Frühling in den ersten Zügen. Doch wer die Natur aufmerksam beobachtet, spürt: Nach den frostigen Wintertagen kehrt Leben in die Landschaft zurück. In jüngster Zeit legten im Landkreis zehntausende Zugvögel auf ihrer Reise zu den Brutgebieten eine Pause ein. Seit Jahrzehnten bevorzugen sie ganz bestimmte Rastgebiete.
Gut zu beobachten ist das stets wiederkehrende Schauspiel des Vogelzuges zwischen Emmerke, Giesen und Rössing. Der Ornithologe Alistair Hill hat dort in de ersten Märztagen bis zu 15,000 rastende Vogel beobachtet. Überall auf den Feldern, Wiesen und Brach-äckern war Bewegung. Ein vielstimmiges Flöten und Rufe lag in der Luft. Links und Rechts eines Feldweges rastende mindestens 5000 Kiebitze, in geringe Entfernung stieg ein weiterer größer Schwarm auf.
Ein Blick durch das Fernglas zeigte, dass auch etwas weiter liegenden Felder Nahrungsgäste beherbergen. Auf einem anderen Acker hatten sich Goldregenpfeifer, eine Watvogelart aus den nördlichen Ländern, zwischen zwei großen Kiebitz Schwärme gedrängt. Die Anzahl der Vogel war schwer zu ermitteln. Die Vogelkundler Manfred Bögershausen, Heinz Ritter, Alistair Hill und Waldemar Senge haben unabhängig zu verschiedene Zeiten mindestens 1500 Exemplare gezählt.
Die Ornithologen sind immer wieder erstaunt über Massen von Vögeln. Derart große Ansammlungen kennen sie nur von der Küste her. Ein Spaziergant durch die Feldmark bot dem aufmerksamen Beobachter in den vergangenen Tagen außer den großen Vogelscharen weitere kleine Erlebnisse. So waren einige Brachvogel unter den Zugvögeln. Die Feldlerche, teilweise selbst noch in kleinen Trupps ziehend, sang schon ihr Lied. Stare und Wacholderdrosseln durchsuchten in kleinen Gemeinschaften die Felder nach Nahrung.
Zudem hielten sich etwa 250 Lach- und Sturmmöwen in dem Gebiet zwischen Emmerke, Rössing und Giesen auf. Auch einen kleinen Schwarm der geschützten Saatkrähe, deren Zahl in den vergangenen Jahren stetig sank, wurde beobachtet. Weibchen und Männchen der Rohrammer zogen entlang der mit trockenem Gras bestandenen Gräben, die ersten Bachstelzen zeigten sich ebenfalls.
Die Vogelkundler des Ornithologischen Vereins zu Hildesheim (OVH) kennen noch weitere Rastplätze des Kiebitzes im Landkreis Hildesheim. Das Gebiet um Emmerke, Rössing und Giesen gehört aber zu den wichtigsten, wie seit mehr als 25 Jahren dokumentierten Vogelzugbeobachtungen belegen. „Es ist gut dass die Kiebitze und die anderen Durchzügler die Möglichkeit haben, auf dem Züge westlich der Giesener Berge und nördlich von Emmerke in der Feldmark zu rasten“, so die Vogelkundler.
Daher sei es unbedingt nötig, diese strukturierte Landschaft zu schützen und zu erhalten. „Wo sonst, finden dann unsere Zugvögel auf ihrem weiten Herbst- und Frühjahrszugwegen solche Rastplätze?“ fragt Manfred Bögershausen. Deshalb sei der Bau von Windrädern in dem Gebiet nicht zu verantworten. Vermeintlicher Umweltschutz dürfte nicht als Alibifunktion gegen den Natur- oder Vogelschutz eingesetzt werden. Eine sorgsame Abwägung sei in solchen Fällen notwendig.
Der Ornithologischen Verein zu Hildesheim glaubt, dass Zehntausende von Zugvögeln ein Recht darauf haben. Noch seien die Gilderegenpfeifer da. Die Kiebitzzahlen schwanken naturgemäß von Jahr zu Jahr. „Jeder Tag zeigt hier ein anderes interessantes Bild unserer Vogelwelt“, sagen die OVH-Mitglieder.
Anmerkung (AH) 26.10.2016
Es lohnt sich immer ein Blick zurück zu werfen. Vor 13 Jahren brachte die Hildesheimer Allgemeine diesen Bericht zu dem Frühjahrszug in dem Raum westlich des Osterbergs.
In den Jahren danach gab es immer wieder Meldungen von größeren Schwärmen von durchziehenden Vögeln. Je nach Großwetterlage ist der Aufenthaltsdauer der Zugvogel von wenigen Tagen bis zu mehreren Wochen. Einige Arten treten immer wieder in Schwärmen zwischen 1000 und >15000 Vogel auf. Das sind neben Saat- und Blässgänse, Kraniche, Kiebitz, Goldregenpfeifer, gemischte Schwärme von Großmöwen mit Silbermöwe, Mittemeermöwe, Steppenmöwe. Singvogel Schwärme von 5000 bis 10000 und darüber hinaus gibt es ebenfalls: z.B. Star, Feldlerche. Schwärme von Goldammer, Stieglitz, Bluthänfling, Feldsperling die in Trupps von mehreren Hundert auftreten sind ebenfalls beachtenswert.
Diese sind durch Windkraft jedenfalls gefährdet.