Aus der HAZ vom 15. Juli 2017

Hildesheim. Diese Zahlen lassen das Herz eines Ornithologen höherschlagen: Bei der jüngsten Nachtigallen-Zählung sind Karl-Heinz Rosanowski in Stadt und Kreis 177 singende Männchen gemeldet worden– 29 mehr als vor einem Jahr. Damit haben Vogelfreunde wieder genauso viele Nachtigallen registriert wie im Rekordjahr 1989, als Lothar Kaczmarek, der damalige Artbeauftragte des Ornithologischen Vereins zu Hildesheim (OVH), noch die Zählung koordinierte.

Der Nachtigall immer auf der Spur: Der Ornithologe Karl-Heinz Rosanowski kartiert den Bestand des scheuen Vogels ganz genau. Foto: Kaiser
„Der Anstieg könnte einerseits an der Klimaerwärmung liegen, auf die die Nachtigall als thermophiler Vogel positiv reagiert, andererseits auch an der höheren Anzahl der Zähler“, sagt Rosanowski. Denn dem Aufruf des Nachtigallen-Kenners in der HAZ waren im Frühjahr 76 Naturfreunde gefolgt, darunter elf Mitglieder der AG für Natur-und Umweltschutz Ambergau, die allein fünf Vögel gemeldet hat. Im Vorjahr waren insgesamt nur 31 Zähler beteiligt. Doch je mehr ganz genau hinhören, wo eine Nachtigall ihr unvergleichlich strophenreiches Lied singt, desto zuverlässiger ist die Bestandsanalyse. Im Stadtgebiet wurden 34 Sänger gezählt, im Vorjahr waren es nur 16. Sogar ein langes verwaistes Revier an der Tonkuhle Blauer Kamp ist wieder besiedelt worden.

Weniger erfreulich sind aus Sicht der Ornithologen hingegen die Vorkommnisse in Himmelsthür: Dort sind im Umfeld von Innerste und Kupferstrang schon seit Jahren besonders viele Nachtigallen heimisch. Doch genau während der Brutzeit habe das städtische Grünamt am Gymnasium Himmelsthür, wo zuvor eine singende Nachtigall festgestellt worden war, die Büsche zurückschneiden lassen.

Rechtlich sei dies wohl erlaubt, wenn es in dem Gebüsch keine brütenden Vögel gäbe, vermutet Rosanowski. „Doch wie gründlich ist gesucht worden? Wie kompetent waren die Mitarbeiter?“, fragt er sich. Weitere Verbreitungsschwerpunkte der Nachtigall sind neben Himmelsthür der Bruchgraben im Nordkreis, die Gegend um Gronau, die Giftener Seen und die Kiesteiche bei Nordstemmen.

Wie begeistert die Nachtigallenzähler bei der Sache sind, zeigen andere Zahlen: Die allererste Nachtigall hat schon am 14. April Dr. Detlef Schwoerer in Heisede gehört. Zwar ziehen gerad die frühen Sänger in alle Regel weiter nach Norde doch Karl-Heinz Rosanowski stuft immerhin 143 Vögel als „brutverdächtig“ ein. Die meisten Nachtigallen aber haben Gerhard Busche mit 42 und Josef Folger mit 18 singenden Männchen notiert. Wenn alle Nachtigallen ihre Jungen durchgekriegt haben und die Tiere im Herbst nicht in den Netzen der Vogelfänger rund um das Mittelmeer landen, dürfte dieses Nachtigallenjahr sicherlich einen kleinen Beitrag geleistet haben, die selten gewordene Vogelart zu erhalten.

© Hildesheimer Allgemeiner Zeitung

Anmerkung (AH)

Das Zurückschneiden von Hecken und Gebüsch zur Brutzeit muss anders geregelt werden. An mehreren Stellen in der Stadt Hildesheim hat dies in April und Mai stattgefunden. An mehreren Stellen sind Nachtigallen vor den Arbeitseinsetzen festgestellt worden. Wo Nachtigallen ihre Reviere einnehmen gibt es auch andere Brutvogel. Diese Standorte sind mit Abstand die wichtigsten Stellen für Brutvogel im urbanen Raum. Warum werden diese Arbeiten nicht, wie alle Pflegemaßnahmen der ehrenamtlichen Naturschützer in den Wintermonaten ausgeführt?