BfN Pressemitteilung Bonn, 09. August 2017:
Können erneuerbare Energien auch in Naturparks
und Biosphärenreservaten naturverträglich erzeugt werden? Und wenn ja,
wie und unter welchen Voraussetzungen kann dies erreicht werden?
Antworten auf diese Frage gibt ein Leitfaden, der die Ergebnisse eines
dreijährigen Forschungsvorhabens des Bundesamtes für Naturschutz (BfN)
zusammenfasst.
“Biosphärenreservate und Naturparke machen nicht nur einen großen Teil
unserer Nationalen Naturlandschaften aus. Sie tragen auf rund einem
Drittel der Bundesfläche zum Erhalt von Arten und ihren Lebensräumen bei,
erbringen wichtige ökologische Leistungen und sind oft wichtige
Destinationen für den Naturtourismus. Weil sie vom Flächenbedarf und den
Auswirkungen für die Erzeugung erneuerbarer Energien in besonderer Weise
betroffen sein können, sind die Ergebnisse des Forschungsprojekts von
besonderer Bedeutung, um die Energiewende naturverträglich zu gestalten”,
sagt BfN-Präsidentin Prof. Beate Jessel.
Die Empfehlungen für die Art und Weise der Nutzung der erneuerbaren
Energieformen in den Nationalen Naturlandschaften betreffen die Wahl des
Standorts, die Gestaltung sowie den Bau und Betrieb von Anlagen zur
energetischen Nutzung, aber auch die Art und Weise des
Energiepflanzenanbaus und der energetischen Nutzung von Holz und
Schnittgut aus der Landschaftspflege. Für den Netzausbau werden
Empfehlungen zur Wahl des Trassenverlaufs sowie der technischen und
ästhetischen Gestaltung formuliert. Zum Einsatz der verschiedenen
Steuerungsinstrumente, die für die Nutzung und den Ausbau erneuerbarer
Energien in den Nationalen Naturlandschaften zur Verfügung stehen, werden
Vorschläge unterbreitet, die gezielt verschiedene beteiligte
Akteursgruppen adressieren. Die Empfehlungen wurden sowohl übergreifend
als auch für die einzelnen Energieformen Windenergie, Biomasse und
Photovoltaik sowie den Netzausbau entwickelt. Sie richten sich vor allem
an die Träger von Naturparken und Biosphärenreservaten, aber auch an
Entscheidungsträger auf Landes- und Bundesebene sowie weitere mit den
Zielen von Biosphärenreservaten und Naturparken und den Themen
erneuerbare Energien, Netzausbau und Klimaschutz befasste Akteure.
Zentrale Handlungsempfehlungen sind:
Damit Steuerungsinstrumente und -ansätze bei der Ausführung auf örtlicher
Ebene zielgerichtet greifen können, sind vorgeschaltete
planerisch-konzeptionelle Aussagen auf übergeordneter Ebene wichtig,
insbesondere in Form einer qualifizierten, flächendeckenden und aktuellen
Landschaftsrahmenplanung.
Um die Auswirkungen erneuerbarer Energien auf Natur und Landschaft in
Biosphärenreservaten und Naturparken naturverträglich zu steuern, sind
darüber hinaus regulative Instrumente einzusetzen. Hierfür bieten
insbesondere die Regional- und Bauleitplanung, Schutzgebietsverordnungen
sowie die gute fachliche Praxis nach § 5 Abs. 2 und 3
Bundes-Naturschutz-Gesetz grundsätzlich gute Möglichkeiten. Sie weisen
aber zum Teil Vollzugsdefizite auf, die sie in ihrer Wirksamkeit
einschränken. Diese Instrumentengruppe gilt es daher zu stärken,
indembestehende zugrunde liegende rechtliche Regelungen ergänzt oder
konkretisiert werden und/oder sie konsequenter angewendet werden.
Bei den anreizorientierten Instrumenten sollten insbesondere im Bereich
der Land- und Forstwirtschaft die Fördermöglichkeiten so zugeschnitten
werden, dass die sensiblen Gebietskulissen von Biosphärenreservaten und
Naturparken bzw. ihre Zielsetzungen berücksichtigt werden.
Über kooperativ-beratende Ansätze können Träger von Biosphärenreservaten
und Naturparken gut auf informeller Ebene steuernd wirken und ihre
gebietseigenen Ziele und Leitlinien in Bezug auf erneuerbare Energien und
Klimaschutz einbringen. Sie sollten dazu in die Lage versetzt werden,
über Information, Beratung und Kooperation bei konkreten Maßnahmen eine
aktive gestaltende Rolle einzunehmen.
Hintergrund:
Alternative Formen der Energieerzeugung wie Windparks,
Photovoltaik-Freiflächenanlagen, Ackerflächen zur Biomasseerzeugung oder
leistungsfähigere Stromtrassen benötigen oft große Areale und stellen
einen Eingriff in gewachsene Lebensräume und Landschaftsbilder dar. Hinzu
kommen die spezifischen Auswirkungen auf einzelne Arten, wie Fledermäuse
und bestimmte Vogelarten.
Der Handlungsleitfaden wurde im Rahmen eines vom Bundesamt für
Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesumweltministeriums geförderten
Forschungsvorhabens erarbeitet und jetzt in der BfN-Skripten-Reihe
veröffentlicht. Forschungsnehmer war ein Konsortium aus dem Institut für
ländliche Strukturforschung, der Universität Kassel und den beiden
Dachverbänden EUROPARC Deutschland und Verband deutscher Naturparke.
In dem dreijährigen Forschungsvorhaben “Nationale Naturlandschaften und
erneuerbare Energien” wurde untersucht, welche Auswirkungen die Erzeugung
erneuerbarer Energien in den Biosphärenreservaten und Naturparken auf die
Schutzgüter und -funktionen der Gebiete hat und welche
Steuerungsmöglichkeiten den Trägern zur Verfügung stehen, um Einfluss auf
die Erzeugung erneuerbarer Energien in ihren Gebieten zu nehmen. Hierzu
erfolgte eine umfangreiche Bestandsanalyse, die in bundesweit 14
Fallstudiengebieten vertieft wurde. Im Mittelpunkt standen dabei die
jeweils besondere Betroffenheit durch einzelne Formen der erneuerbaren
Energien und auch die Aktivitäten der Region für den Klimaschutz. Die
länderspezifischen Rahmenbedingungen und unterschiedlichen Verfasstheiten
der Gebiete wurden jeweils einbezogen.
Neben dem Handlungsleitfaden wurde auch der zweibändige Gesamtbericht in
der Skripten-Reihe des BfN veröffentlicht und kann wie der
Handlungsleitfaden als Download auf http://www.bfn.de/0502_skripten.html
bezogen werden.
Der Handlungsleitfaden kann zudem in gedruckter Form kostenfrei beim
Bundesamt für Naturschutz, Konstantinstr. 110, 53179 Bonn, E-Mail:
gabriele.niclas@bfn.de bezogen werden.
Bezugshinweis:
GEHRLEIN, U., MENGEL, A., MILZ, E., HOHEISEL, D., BARTHELMES, B.,
DÜSTERHAUS, B., MATHIAS, C., LIESEN, J., BARANEK, E. & SCHUBERT, S.
(2017): Nationale Naturlandschaften und erneuerbare Energien.
Handlungsleitfaden des gleichnamigen F+E-Vorhabens. – BfN-Skripten 467. –
Bonn- Bad Godesberg, 107 Seiten.
Diese Pressemitteilung finden Sie auch unter:
http://www.bfn.de/0401_pm.html?tx_ttnews%5Btt_news%5D=6140
Hrsg: Bundesamt für Naturschutz
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