Beim Niedersächsischen Feldhamsterforum kommen die Tiere gut weg

Von Kathi Flau

Hildesheim. Vom Aussterben bedroht und trotzdem auf dem Acker unerwünscht – der Feldhamster hat es in Europa nicht leicht. Tierschützer setzen sich für ihn ein und fordern, dass vor allem die Landwirtschaft und Bauprojekte Rücksicht auf die Bestände nehmen. Die aber argumentieren mit den Kosten eines verzögerten Baubeginns oder einem möglichen Verlust der Ernte. So weit, so bekannt.Dass es aber noch weit mehr über den Hamster zu erfahren gibt, zeigte die zweite Auflage des Niedersächsischen  Feldhamsterforums am Freitag im Hildesheimer reishaus. Eingeladen hatte die AG Feldhamsterschutz Niedersachsen, etwa 50 Interessierte kamen, um den Vorträgen einiger Experten der Branche zuzuhören. Nina Lipicki, Grünen-Politikerin und seit langem Feldhamster-Schützerin, eröffnete den Kongress. Sie freute sich besonders über „die breite Unterstützung der drei großen Hildesheimer Naturschutzverbände: BUND, Nabu und Ornithologischer Verein.“

Für Lipicki ist der Feldhamster ein „Sympathieträger“, „ein Nager, den man einfach mögen muss“. Ihr folge Hans-Joachim Janßen als Redner, ehemaliger Grünen-Abgeordneter im Landtag. Und nicht nur dort, sagte er, „hat der Feldhamster keine Lobby. Bekanntlich geht es aber immer den Tierarten besser, die eine Lobby haben.“

Wie es dazu kommen konnte, zeichnete Biologe Ulrich Weinhold aus Heidelberg nach. Während der letzten Eiszeit, berichtete er, sei der Feldhamster aus Eurasien bis nach Mittel- und Westeuropa gekommen. Bevorzugt auf Lehm- und Lößböden „hat er dann westliche Populationen gegründet – und genau da liegt das Problem.“ Denn eben diese Böden gelten als die ertragreichsten in der Landwirtschaft, und den hätten die Bauern gern für sich. Außerdem sei den Tieren seit dem vergangenen Jahrhundert vor allem die Technologisierung des Feldanbaus zum Verhängnis geworden. Die großen Maschinen zerstörten ihren Lebensraum auf und in der Erde – ganz im Interesse der Bauern, gar nicht im Sinn der Tierschützer. „Aber eines ist auch klar,“ äußerte Weinhold Verständnis für die Gegenseite. „Bei 800 Feldhamstern auf dem Acker haben Sie einen kompletten Ernteausfall.“

Ein Dilemma, das zum Beispiel in der DDR im doppelt volkswirtschaftlichen Sinn gelöst wurde. Dort gab es, erzählte Weinhold, ausgewiesene Hamsterjäger, die täglich zwischen 20 und 100 Tiere fingen, deren Fell die volkseigenen Betriebe zu Kleidung verarbeiteten. Eine Zeitung von 1976, die Weinhold auf den Projektor legte, warb für „ganzjährigen Hamsterfang als wirtschaftliche Notwendigkeit“. Da haben es die Feldhamster seit dem Mauerfall besser – auch wenn um ihren bevorzugten Lebensraum weiter gestritten wird.

Die Gegenstimmen waren auf dem Forum jedoch nicht vertreten, alle Vorträge beschäftigten sich mit verschiedenen Aspekten des Hamsterschutzes. Die Bauherren und die Investoren waren diesmal diejenigen ohne Lobby.

Aus der HAZ vom 23.10.2017 © Hildeshjeimer Allgemeine Zeitung