In Oktober und November beobachten und melden Bürger insgesamt 21 000 Kraniche beim Zug in den Süden – einige überwintern aber auch hier
Von Tarek Abu Ajamieh
Hildesheim. „Zum Kampf der Wagen und Gesänge, der auf Korinthos’ Landesenge …“ Viele Hildesheimer aller Generationen dürften sich noch an die ersten Zeilen der Schiller-Ballade von den „Kranichen des Ibykus“ erinnern – weil sie das Gedicht in der Schule auswendig lernen mussten. In dem Werk tragen die Vögel, die auch als Wappentiere der Lufthansa bekannt sind, zur Aufklärung eines Verbrechens bei. Viele Menschen in Stadt und Landkreis beobachten die Kraniche auch heute noch gern. Allerdings weniger, weil sie sich Aufklärung über einen Mord versprechen, sondern unter anderem, weil sie den Formationsflug der Tiere bestaunen und auch ihren eleganten Flugstil.
In der Region hat es sich der Ornithologische Verein Hildesheim (OVH) zur Aufgabe gemacht, die Kraniche nicht nur zu beobachten, sondern auch zu zählen. Hauptverantwortlich dafür ist seit Jahren der Hildesheimer Karl Heinz Rosanowski, der dabei auf die Hilfe viele Interessierter aus Stadt und Landkreis setzen kann – so auch in diesem Herbst. Dabei war der Kälteeinbruch am 16. November für viele Kraniche das Signal zum Aufbruch in die Winterquartiere, die vor allem in der spanischen Extremadura sowie am Lac du Der-Chantecoq in Frankreich liegen. Allein 6680 Kraniche zählten die Hildesheimer an jenem Tag und meldeten sie bei Rosanowski, der fast durchgehend am Telefon hing. Doch auch im Oktober hatten sich schon zahlreiche Kraniche für den Zug nach Süden in die Lüfte geschwungen. 5230 Kraniche wurden allein am 19. Oktober über Stadt und Landkreis gezählt, weitere 3300 neun Tage später. Die allerersten Kraniche hielt es bereits am 3. Oktober nicht mehr im Norden – am Tag der Deutschen Einheit beobachtete Bernhard Kammer aus Bodenburg die ersten Züge. Auch zwischen diesen Tagen machten sich immer wieder größere Schwärme auf den Weg, die jüngsten Meldungen stammen von vorgestern, als noch einmal elf Kraniche über den Landkreis flogen. Insgesamt 21 000 Kraniche wurden in diesem Herbst über der Region gemeldet. Rosanowski hob besonders das Engagement der Mitglieder der AG Ambergau Naturschutz, die 33 der insgesamt 250 Meldungen von Schwärmen beisteuerte. Rekordhalterin bei den Meldungen war Sabine Pfitzner aus Itzum mit insgesamt zwölf Anrufen und E-Mails. In den nächsten Tagen erwartet Rosanowski nur noch sporadische Züge am Himmel über Hildesheim. Wobei längst nicht alle Kraniche auf das “Ferienhaus“ im Süden setzen. Mehrere tausend der Vögel überwintern auch im Landkreis Hildesheim. Was ziehende Kraniche angeht, ist also erst einmal Ruhe. Bis zur Rückkehr, mutmaßlich ab März, wenn es wieder heißt: „Was ist’s mit jenem Kranichzug?“
©Hildesheimer Allgemeine Zeitung 01.12.2018
Anmerkung PP: Hier wird geschrieben, dass tausende Kraniche im Landkreis Hildesheim überwintern. Richtig ist, dass mehrere tausend Kraniche versuchen in der Diepholzer Moorniederung zu überwintern.