Neues vom DDA 11.01.2019

Landwirtschaftliche Intensivierung und eine Verschlechterung der Nahrungsverfügbarkeit, aber auch anthropogene Mortalität durch Vergiftungen und Kollisionen sind zentrale Bedrohungen für den Rotmilan in seinem stark begrenzten Verbreitungsgebiet. Bei langlebigen Vogelarten haben die Überlebensraten verschiedener Altersklassen einen wesentlichen Einfluss auf die Bestandsentwicklung. Eine erhöhte Mortalität hat daher langfristig auch für den Rotmilan besonders negative Auswirkungen auf die Bestandsgröße, insbesondere wenn mehr Altvögel zu Tode kommen.

Eine äußerst wertvolle Datenquelle um belastbare Überlebensraten zu bestimmen, ist die Beringung von Vögeln und die daraus resultierenden Wiederfunde von toten Individuen. Eine jetzt im Journal of Ornithology erschienene Studie, an der auch Wissenschaftler des DDA beteiligt waren, analysiert die Ring-Wiederfunde von toten Rotmilanen die zwischen 1970-2015 in Deutschland markiert wurden. Die Auswertung erlaubt so eine Schätzung der Überlebensraten von erstjährigen, subadulten und adulten Vögeln über fast 50 Jahre anhand von >29.000 beringten Individuen und etwa 1.500 Wiederfunden die durch das große Engagement der Beringer und die Bereitstellung der Daten durch die Beringungszentralen Hiddensee, Helgoland und Radolfzell ermöglicht wurden.

Die Ergebnisse zeigen einen erheblichen langfristigen Rückgang des Überlebens erstjähriger Rotmilane – um mehr als 40 % im Vergleich der 1970er Jahren bis heute. Darüber hinaus zeigt auch die Überlebenswahrscheinlichkeit der Altvögel in den Jahren 1974-2014 einen abnehmenden Trend (-0,26 % pro Jahr). Der Schlüssel zu diesen neuen Erkenntnissen ist, dass erstmals auch die Wiederfundswahrscheinlichkeit von toten Rotmilanen in verschiedenen Altersklassen bei der Auswertung berücksichtigt wurde. So kann auch die Vielzahl an beringten Vögeln, die nie mehr gefunden werden, zu einer verbesserten Schätzung der Überlebensraten beitragen. Hierbei zeigte sich, dass die Wiederfundsrate der erstjährigen Vögel nur ca. die Hälfte der Wiederfundsrate der Individuen die mindestens das zweite Lebensjahr erreichen beträgt. Dies könnte sowohl auf bisher unbekannte Unterschiede in den Todesursachen der erstjährigen Vögel hindeuten, als auch darauf, dass diese deutlich häufiger in größerer Entfernung vom Brutgebiet zu Tode kommen.
Die räumliche und zeitliche Verteilung der Totfunde erstjähriger Rotmilane, die sich anhand der Wiederfunde darstellen lässt, deutet jedoch mehr auf eine erhöhte Sterblichkeit im Brutgebiet hin. Allerdings war in >60 % der Fälle die Todesursache der erstjährigen Vögel beim Ring-Wiederfund unbekannt und daher sind anhand der vorliegenden Daten keine belastbaren Aussagen zu den Gründen für die nachgewiesenermaßen stark erhöhte Mortalität ableitbar. Weitere Untersuchungen der Todesursachen in den verschiedenen Altersklassen sind daher dringend erforderlich um ein genaueres Bild zu erhalten, welche Faktoren die Überlebensraten, und damit auch wesentlich die Bestandsentwicklung, beeinflussen.

© Hans Glader

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