30 Menschen treffen sich zum „Naturkundlichen Spaziergang“ auf dem Nordfriedhof – eine App hilft, die Vögel anzulocken

Blick nach oben: Die Teilnehmer des naturkundlichen Spaziergangs beobachten Wintervögel auf dem Hildesheimer Nordfriedhof Foto Michael Bormann

Von Michael Bormann

Hildesheim. Zu einem „Naturkundlichen Spaziergang“ hatte der Ornithologische Verein zu Hildesheim (OVH) eingeladen. Es versammelten sich knapp 30 Teilnehmer am Nordfriedhof, um auf den Spuren der Wintervögel zu wandeln. Angestrengt lauschen die Spaziergänger schon kurze Zeit später unter anderen den Stimmen von Blau- und Kohlmeisen, Buchfinken oder Amseln und beobachten sie auch mit ihren Ferngläsern. Begrüßt wird die Gruppe eingangs von Petra Pahl, Vorstandsmitglied des OVH.

Noch ist keine Vogelstimme zu hören

Aufgeteilt in zwei Gruppen, setzen sich die Teilnehmer in Bewegung. Zunächst ist es absolut still und keine Vogelstimme ist zu hören. Den Vorsitzenden des OVH, Alistair Hill, wundert dies nicht. „Es müsste 10 Grad minus sein, dann wäre mehr los“, sagt er. „Dann müssen sich die Vögel warmhalten“, fügt er hinzu. Beobachtet habe er im Übrigen noch ein ganz anderes Phänomen. „Oft hört man eine ganze Zeitlang nichts, und dann hört und sieht man plötzlich gemischte Trupps mehrerer Vogelarten“, so Hill. „Weiß der Teufel, warum dies so ist.“

Das Schnarren einer Misteldrossel

Kurze Zeit später bleibt Petra Pahl stehen. Sie hat das Schnarren einer Misteldrossel gehört. „Wie ihr Name schon sagt, frisst sie gerne Misteln“, erklärt sie. Und davon gebe es auf dem Nordfriedhof viele. Die Misteldrossel stamme ursprünglich aus Nordeuropa und komme im Winter auch in die hiesige Region.

Im weiteren Verlauf des Spaziergangs hören die Teilnehmer immer mehr Vogelstimmen – wie beispielsweise von Blau- und Kohlmeisen oder den gedämpften Jüp-Jüp-Ruf eines Buchfinks. Gerade ist eine Ringeltaube vorbeigeflogen, als Pahl plötzlich meint, die Stimme eines Wintergoldhähnchens gehört zu haben.

Der Trick mit dem Smartphone

Doch dann dreht sie sich um und sieht, dass Alistair Hill eine App auf seinem Smartphone aufgerufen hat und die Vogelstimme abspielt. „Ich habe versucht, das Wintergoldhähnchen anzurufen, doch es hat sich nicht gemeldet“, stellt er schmunzelnd fest. Die Sache mit der App, so der OVH-Vorsitzende, funktioniere oft und die entsprechenden Vogelarten antworteten dann. „Man sollte das aber nicht übertreiben, weil es bei den Vögeln auch viel Stress verursacht“, betont er.

Der Trick mit der App funktioniert so etwa nach einer Stunde. Fünf Wintergoldhähnchen bekommen die Spaziergänger zu Gesicht beziehungsweise vors Fernglas. Diese Vogelart ist eine der kleinsten Europas und die Tierchen wiegen nur zwischen vier und sieben Gramm. „Das Wintergoldhähnchen ist leicht mit dem Sommergoldhähnchen zu verwechseln“, erklärt Petra Pahl. Das habe aber einen markanten weißen Streifen über dem Auge.

Idealer Lebensraum für Nachtigallen

„Früher hatten wir auch bis zu 40 singende Nachtigallen auf dem Nordfriedhof“, berichtet Hill. Warum es die heute nicht mehr gibt, wisse er nicht genau. Fest stehe jedoch, dass der Friedhof während der vergangenen 15 Jahre „sehr aufgeräumt“ worden sei. So gebe es kein richtiges Gebüsch mehr, wo die Nachtigallen ihre Nahrung finden. „Da müssten wir hier einiges neugestalten“, so der OVH-Vorsitzende. Ansonsten seien Friedhöfe eigentlich ideale Lebensräume für die Nachtigallen, weil es dort wenig Katzen gebe.

© Hildesheimer Allgemeine 6. Jan. 202ß