Aus der Hildesheimer Presse 14. Januar 2020
Landkreis HILDESHEIM. Der Ornithologische Verein zu Hildesheim e.V. (OVH) bezieht sich in einer Presseerkläung auf Arbeiten im Naturschutzgebiet zwischen den Hochwasserdämmen und der Innerste. Hier soll es zu einem starken Eingriff gekommen sein, der nicht im Einklang mit dem Naturschutz zu rechtfertigen ist. Auch die Aussage, dass der OVH vorab informiert wurde und einverstanden damit gewesen sei, wies der OVH zurück.
Hier die Presseerklärung im Wortlaut:
Vor Jahresende fand ein starke Eingriff entlang der Innerste von Heinde bis Astenbeck statt. Die gesamte Fläche zwischen den Hochwasserdämmen und der Innerste ist beiderseits des Flusses abrasiert worden. Dies in einem Naturschutzgebiet das Teilweise Betretungsverbot unterliegt und wo es unter Anderem ganzjährige Leinepflicht für Hunde gibt. Es ist nicht verwunderlich, dass dies bei vielen Bürger auf Unverständnis führt. Hier hätte man auch die Öffentlichkeit besser vorher informieren können.
Das Naturschutzgebiet „Mittlere Innerstetal mit Kahnstein liegt in den Landkreisen Hildesheim, Wolfenbüttel und Goslar, zwischen Heinde und Langelsheim. Dies umfasst sowohl das Europäische Vogelschutzgebiet „Innerstetal von Langelsheim bis Groß Düngen“ wie auch das FFH Gebiet „Innerste-Aue (mit Kahnstein)“.
Verschiedene Naturschutzziele werden damit umfassend erfasst. Zum einen werden die Bruthabitate, Zuggebiete und Überwinterungsgebiete im Rahmen der EUVogelschutzverordnung, mit besonderen schutzwürdigen Vögeln vom Aussterben geschützt. In den FFH Richtlinien werden alle anderen bedrohten Lebewesen geschützt.
Die Vorschriften werden in der Naturschutzverordnung Verordnung Naturschutzgebiet „Mittlere Innerstetal mit Kahnstein. von 15.09.2008 zusammengefasst.
In § 2 der Verordnung wird aufgeführt, welche Arten zu Schützen sind: insbesondere die Lebensräume von Mittelsäger, Wasserralle, Schwarzstorch, Rohrweihe und Eisvogel. Dabei wird besonders die Erhaltung oder Wiederherstellung des Erhaltungszustands der Habitate hervorgehoben.
Die Vorgaben für das FFH Gebiet betonen die Erhaltung von bestimmten Insekten, Pflanzen, Pflanzengesellschaften insbesondere Schwermetallrasen (Violetalia calaminariae), großen Beständen charakteristischer Pflanzenarten der Schwermetallrasen wie Hallers Grasnelke, Hallers Schaumkresse und Frühlings Miere, einschließlich der typischen Tier- und sonstigen Pflanzenarten.
Alle diese Ziele sind in einem Flussbett, wie das der Innerste, auch mit den Belangen des Hochwasserschutzes in Einklang zu bringen. Das heißt, bei Hochwasser soll die Flut frei abfließen können. Eine sehr schwierige Aufgabe. Maßnahmen zum Hochwasserschutz sind in dem Abschnitt Astenbeck bis Heinde ohne Berücksichtigung des Naturschutzes in den letzten Wochen durchgeführt worden. In der Verordnung wird in §4 Freistellungen klargestellt, dass Maßnahmen zum Hochwasserschutz in Absprache und mit Genehmigung der Naturschutzbehörde durchgeführt werden können.
In Jahr 2019 haben Ornithologen des OVH Begehungen entlang der Innerste, auch zwischen Heinde und Derneburg, im Rahmen eines Monitoring Projekts durchgeführt. Es sind Reviere der Mittelsäger festgestellt worden und im Spätsommer haben die seltenen Enten ihren Jungvogel an den Derneburger Teiche großgezogen. Diese sensible Art braucht im Bereich der Nester viel Deckung um Schutz vor Feinden, aber auch vor Hunde und Störung durch Menschen zu haben. In den Schilfflächen kommen auch viele andere Tiere und Insekten vor. Dickicht und Schilfbestende bieten auch in den Wintermonaten für viele Tiere Deckung und Schutz. Auch Insekteneier und Puppen überwintern in den Gräser. Entlang der Innerste sind natürlich unerwünschte Tiere vorhanden. Beispiele sind eingewanderte Tiere wie Nutria, Bisamratte, Waschbär und einheimische wie der Rotfuchs. Diese Tiere haben auch so gut wie keine einheimischen Feinde. Dies bekämpft man nicht durch entfernen des Schilfes, sondern mit gezielten jagdtechnischen Maßnahmen.
Es wird in der Öffentlichkeit berichtet, dass der OVH an diesen Maßnahmen beteiligt gewesen ist und, dass die Maßnahme mit unserer Billigung durchgeführt wurde. Dem ist nicht so. Wir Naturschützer praktizieren die Pflege von Lebensräumen und wir verstehen wohl, dass der Schutz von Tieren und Pflanzen nur mit Hilfe von Pflegemaßnahmen zu erreichen ist. Diese Maßnahmen müssen maßvoll durchgeführt werden und das berücksichtigen, was für das Wohl der Lebensräum einzelner Lebewesen notwendig ist.
Ja, die Hochwasserschutzflächen zwischen den Dämmen und der Innerste müssen gemäht werden. Einige der wunderschönen, aber absturzgefährdeten Weiden an dem Ufer müssen auch entfernt oder gestützt werden. Es kann aber nicht angehen das man auf eine 6 km Strecke alles auf einmal abgemäht und entfernt. Es handelt sich nicht um Wirtschaftsflächen oder Äcker, sondern um Schutzgebiete mit europaweiter Geltung. Wir sind gerne bereit unser Fachwissen, vor Allem unsere Kenntnisse über den aktuellen Stand, einzubringen.
© Hildesheimer Presse PR