Floristische Bestandaufnahme der Botanischen Arbeitsgemeinschaft am Thödingsberg vom 06.05.2013
Bericht: Maren Burgdorf
Untersuchungsgebiet am Thödingsberg
Koordinaten in Google Earth (ungefährer Mittelpunkt des Untersuchungsgebietes): 51°55‘41“N 9°51‘17“E
Landkreis Hildesheim, TK 25-Nr. 4025, Q 3, MF 7
Massenvorkommen von Hoher Schlüsselblume (Primula elatior) im östlichen Kammbereich des Thödingsberges. Foto: M. Burgdorf (28.04.2013)
Vorbemerkung
Die Planungen für ein Pumpspeicherwerk bei Freden sehen den Bau eines Oberbeckens von insgesamt 30 ha Größe im Kammbereich des 366 m hohen Thödingsberges vor. Bei Realisierung der Planung müsste der gesamte Bergkamm abgetragen werden. Das Plangebiet für das Oberbecken liegt vollständig im LSG HI-066 „Selter“ und grenzt unmittelbar an das FFH-Gebiet „Laubwälder und Klippenbereiche im Selter, Hils und Greener Wald“ an.
Um einen Eindruck von der Landschaft und den Pflanzen im Plangebiet zu gewinnen, führte die Botanische Arbeitsgemeinschaft des Ornithologischen Vereins Hildesheim am 6. Mai 2013 eine Exkursion am Thödingsberg im Selter durch.
Beschreibung des Untersuchungsgebietes
Der Selterkamm ist als ein „historisch alter“, seit mehreren Jahrhunderten kontinuierlich existierender Waldstandort zu charakterisieren. Im Untersuchungsgebiet am Thödingsberg wird dieses eindrucksvoll durch die große Anzahl der festgestellten Zeigerarten für historisch alte Wälder belegt.
Zum Zeitpunkt der Untersuchung wurden auf den Kalkgesteinsböden am Kamm und an den Hängen des Thödingsberges junge Waldbestände (Stangenholz mit Buche und Esche) und mittelalte Bestände (mittleres, etwa 40-100-jähriges Baumholz) angetroffen. Nach der Aussage der zuständigen Forstgenossenschaft sind alle Bestände durch Naturverjüngung aufgewachsen. Der größte Teil der Fläche befindet sich in der „Verjüngungsphase“ entsprechend der Struktur und Dynamik natürlicher Wälder (HÄRDTLE et al. 2004), was sich eindrucksvoll in der üppigen Naturverjüngung der Rotbuche zeigt. Die Krautschicht zeichnet sich durch eine nahezu bodendeckende, an Frühjahrsgeophyten und Waldarten reiche Flora aus, die vor allem am Osthang durch die Massenentwicklung von Hoher Schlüsselblume zu einem beeindruckenden Naturerlebnis wird (s. Foto oben).
Im gesamten Kammbereich des Thödingsberges wurde auf basenreichen, mittel- bis tiefgründigen Standorten die Waldgesellschaft Haargersten-Buchenwald (Hordelymo-Fagetum) festgestellt (HOFMEISTER 2004). Gemäß Kartierschlüssel für Biotoptypen in Niedersachsen (v.DRACHENFELS 2011) ist dieser dem Biotoptyp Mesophiler Kalkbuchenwald (WMK) zuzuordnen (FFH- Lebensraumtyp LRT 9130 Waldmeister-Buchenwald (Asperulo-Fagetum)).
Am flachgründigeren und wärmeren Westhang wurden aufgrund des großen Vorkommens von Seidelbast mit über 100 Exemplaren und weiterer wärmeliebender Arten, wie Finger-Segge, Blaugrüne Segge, Wald-Labkraut, Echte Schlüsselblume und Purpur-Knabenkraut Übergänge zum Seggen-Buchenwald (Carici-Fagetum) festgestellt (Kartierschlüssel Biotoptypen Nds.: Buchenwald trockenwarmer Kalkstandorte (WTB); FFH: LRT 9150 Mitteleuropäischer Orchideen-Kalk-Buchenwald (Cephalanthero-Fagion)).
Liste der Pflanzenarten am Thödingsberg
1. Gehölze
Bäume
Acer platanoides | Spitz-Ahorn |
Acer pseudoplatanus | Berg-Ahorn |
Carpinus betulus | Hainbuche |
Fagus sylvatica | Rot-Buche |
Fraxinus excelsior | Gewöhnliche Esche |
Larix decidua | Europäische Lärche |
Prunus avium | Vogel-Kirsche |
Sorbus aucuparia | Eberesche |
Sträucher
Cornus sanguinea | Roter Hartriegel | |
Crataegus laevigata | Zweigriffeliger Weißdorn | |
Crataegus monogyna | Eingriffeliger Weißdorn | |
Daphne mezereum | Seidelbast | §, >100 Ex. |
Euonymus europaea | Pfaffenhütchen | |
Lonicera xylosteum | Rote Heckenkirsche | |
Rosa spec. | Rosen-Arten | |
Rubus fruticosus | Brombeere | |
Rubus idaeus | Himbeere | |
Sambucus nigra | Schwarzer Holunder | |
Sambucus racemosa | Trauben-Holunder |
Krautschicht
Adoxa moschatellina | Moschuskraut | |
Allium ursinum | Bär-Lauch | |
Anemone nemorosa | Busch-Windröschen | |
Anemone ranunculoides | Gelbes Windröschen | |
Arum maculatum | Aronstab | |
Athyrium filix-femina | Frauenfarn | |
Brachypodium sylvaticum | Wald-Zwenke | |
Campanula trachelium | Nesselblättrige Glockenblume | |
Cardamine bulbifera | Zwiebel-Zahnwurz | |
Carex sylvatica | Wald-Segge | |
Cephalanthera damasonium | Weißes Waldvögelein | §; gefunden v. Rolf Bartels 2014 |
Corydalis cava | Hohler Lerchensporn | |
Dryopteris carthusiana | Dorniger Wurmfarn | |
Dryopteris filix-mas | Gewöhnlicher Wurmfarn | |
Fragaria vesca | Wald-Erdbeere | |
Gagea lutea | Wald-Gelbstern | |
Galium odoratum | Waldmeister | |
Gymnocarpium dryopteris | Eichenfarn | |
Hordelymus europaeus | Wald-Haargerste | |
Hypericum hirsutum | Behaartes Johanniskraut | |
Impatiens parviflora | Kleines Springkraut | |
Lamium galeobdolon | Gewöhnliche Goldnessel | |
Luzula pilosa | Behaarte Hainsimse | |
Maianthemum bifolium | Schattenblümchen | |
Melica uniflora | Einblütiges Perlgras | |
Mercurialis perennis | Wald-Bingelkraut | |
Moehringia trinervia | Dreinervige Nabelmiere | |
Neottia nidus-avis | Vogelnestwurz | §; gefunden v. Rolf Bartels 2014 |
Oxalis acetosella | Wald-Sauerklee | |
Paris quadrifolia | Einbeere | V; >50 Ex. |
Polygonatum multiflorum | Vielblütige Weißwurz | |
Potentilla sterilis | Erdbeer-Fingerkraut | |
Primula elatior | Hohe Schlüsselblume | § |
Pulmonaria obscura | Dunkles Lungenkraut | |
Ranunculus ficaria | Scharbockskraut | |
Stachys sylvatica | Wald-Ziest | |
Stellaria holostea | Große Sternmiere | |
Veronica montana | Berg-Ehrenpreis | |
Vicia sepium | Zaun-Wicke | |
Viola reichenbachiana | Wald-Veilchen |
Am warmen westexponierten Hang bis hinunter zum Weg (=Grenze des Landkreises Hildesheim) wurden zusätzlich folgende Arten gefunden:
Carex digitata | Finger-Segge | |
Carex flacca | Blaugrüne Segge | |
Daphne mezereum | Seidelbast | §; >100 Ex. |
Galium sylvaticum | Wald-Labkraut | |
Inula conyzae | Dürrwurz | |
Lathyrus vernus | Frühlings-Platterbse | |
Melica nutans | Nickendes Perlgras | |
Orchis purpurea | Purpur-Knabenkraut | RL 3; §; 3 Ex. |
Primula veris | Echte Schlüsselblume | V; § |
An feuchten Waldwegen wurden größere Bestände von Wechselblättrigem Milzkraut (Chrysosplenium alternifolium) festgestellt.
Literatur:
DRACHENFELS, O. v. (2011): Kartierschlüssel für Biotoptypen in Niedersachsen unter besonderer Berücksichtigung der besonders geschützten Biotope sowie der Lebensraumtypen von Anhang I der FFH-Richtlinie, Stand März 2011. Hannover
Härdtle, W., Ewald, J. & Hölzel, N. (2004): Wälder des Tieflandes und der Mittelgebirge. Stuttgart
HOFMEISTER; H: (2004): Lebensraum Wald.- Reprint der 4. Auflage. Remagen-Oberwinter
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