Eine naturkundliche Wanderung in die Vergangenheit

(UJ) Das war das Thema zu dem der Naturschutzverein Gronau unter dem Dach des Ornithologischen Vereins Hildesheim e.V. zusammen mit der NABU Gruppe Hildesheim am 24.07.2022 eingeladen hatten. Ziel war der geologische Lehrpfad im Weenzer Bruch. Das Gebiet zwischen Weenzen, Duingen und Wallensen ist in geologischer Hinsicht bemerkenswert. Fast nirgendwo in Deutschland findet man auf so engem Raum eine solche Vielfalt an Bodenschätzen. Das Besondere dabei ist, dass es sich um Rohstoffe aus den drei Erdzeitaltern Erdaltertum, Erdmittelalter und Erdneuzeit handelt. Hier findet man Gips welches sich vor ca. 250 Mio. Jahren (Perm) in einem Zechsteinmeer abgelagert hatte, direkt neben grade einmal 3 Mio. Jahre alten Braunkohlefeldern (Tertiär). In unmittelbarer Nachbarschaft finden sich außerdem Kalkgestein und hochwertiger Ton. Beides sind Ablagerungen aus dem Jura bzw. Kreide und somit 140 -150 Mio. Jahre alt. Und nicht zu übersehen feiner weißer Quarzsand mit einem Alter von ca. 30 Mio. Jahren (Tertiär). In dieser Zeitspanne zwischen 250 Mio. bis 3 Mio. Jahren bewegte sich die Gruppe also auf der ca. 6 Kilometer langen Wanderstrecke des geologischen Lehrpfades unter der Führung von Uwe Jauss (Eime).

Uwe Jauss gibt eine kleine Einführung in die Geologie, Foto U. Jauss

Zu Beginn der Wanderung gab es eine kurze Einführung in das Thema und Geologie zum Anfassen. Da die hier erwähnten Bodenschätze zwar durch Abbau aufgeschlossen, aber entlang der Wanderwege nicht erreichbar und selten einsehbar sind, hat Herr Jauss eine kleine Mustersammlung mit Handstücken mitgebracht. So konnte aus nächster Nähe begutachtet und befühlt werden was uns die Natur im Laufe der Jahrmillionen im Weenzer Bruch hinterlassen hat.

Geologie zum Anfassen, Foto U. Jauss

Der Grund für das bunte Nebeneinander dieser verschiedenen Bodenschätze liegt in einer Störungszone im Erdinnern. Salz und Gips lagerten sich im Perm in einem tropischen Meer zu mächtigen Schichten ab. In den darauffolgenden Zeitaltern Trias, Jura und Kreide, eine Zeitspanne von ca. 185 Mio. Jahren, lagerten sich auf dem Salz immer mächtigere Schichtfolgen von Ton-, Sand- und Kalkgesteinen ab, bis zu 1,5 Kilometer hoch. Unter diesem Druck begann das Salz plastisch zu reagieren und stieg entlang der erwähnten Störungsstelle auf. Es bildete sich der Weenzer Salzstock. Dieser befindet sich heute in einer Tiefe von ca. 400 Metern. Als das Salz der Oberfläche immer näherkam, konnte es dort durch Lösungsprozesse oberflächennah abgetragen werden, d. h. Salz floss ab. Diese Lösungsprozesse finden bis heute statt, was die Solequellen in Salzhemmendorf und Wallensen belegen. In der Weise wie das Salz verschwand sackten darauf liegende Schichten nach und es entstand eine sogenannte Subrosionssenke. Diese aufliegenden vergleichsweise jungen Schichten aus dem Tertiär waren aufgrund der Senke in der sie sich befanden, vor einer natürlichen Erosion bzw. Abtragung relativ gut geschützt und erhielten sich zum Teil bis heute. Das Salz hatte auf dem Weg entlang der Störungszone eine mächtige Scholle Gips mit an die Oberfläche gezogen. Da Gips nicht so gut löslich ist wie das Salz hat es sich hier an der Oberfläche als steilstehende Linse erhalten.

Schautafeln informierern über geologische Zusammenhänge, Foto U. Jauss

Die Schautafeln entlang des Lehrpfades gehen auf die verschiedenen Aspekte, die aufgefundenen Bodenschätze, sowie deren Abbau und Verarbeitung ein. Auch wenn das nicht für alle Rohstoffe gilt, erschließt sich doch der geologische Zusammenhang sehr gut. Eine besondere Bedeutung kommt dem jüngsten Bodenschatz, der Braunkohle zu. Der Braunkohleabbau fand seit 1843 in mehreren Etappen bis in das Jahr 1966 statt. Er veränderte die Landschaft sehr nachhaltig. So ist der ursprüngliche Verlauf der Saale verändert worden und nach der Rekultivierung ab 1967 entstanden die vier Seen Humboldtsee, Weinbergersee, Bruchsee und Ententeich, und die Landschaft wie sie uns heute erscheint. Ist der Abbau der Braunkohle auch Geschichte, die anderen hier erwähnten Bodenschätze werden bis in die Gegenwart abgebaut, aufbereitet und zu hochwertigen Materialien verarbeitet.

Die Arbeiten zur Renaturierung der Saale sind im vollen Gange, Foto U. Jauss

In der Reihenfolge dem geologischen Alter nach sind es:

  • Gips; 250 Mio. Jahre (Perm). Direkt neben dem Wanderparkplatz entlang der Störungsstelle. Gips wird in der Baustoffindustrie und in der Chemischen Industrie verwendet.
  • Kalkstein; 150 Mio. Jahre (Jura). Bei Thüste im Tagebau. Auch als Thüster Kalkstein für den Fassadenbau und auch von Bildhauern sehr begehrter Baustoff.
  • Ton; 140 Mio. Jahre (Kreide). Bei Duingen im Tagebau. Mindestens seit dem Mittelalter abgebauter und zu hochwertigen Tonwaren gebrannter Rohstoff, der bis weit über die Landesgrenzen bekannt war. Davon erzählt das Töpfermuseum in Duingen. Heute werden z.B. Wasserrohre aus Duinger Ton gebrannt.
  • Quarzsand; 30 Mio. Jahre (Tertiär). Mitten im Weenzer Bruch im Tagebau. Quarzsand findet Verwendung in der Bauindustrie und Glasproduktion, aber auch als technisch aufbereitetes Material in zum Beispiel Autolacken.
  • Braunkohle; 2-5 Mio. Jahre (Tertiär). Der Abbau im Weenzer Bruch ist Geschichte, sicherlich aber eine sehr interessante, die eine eigene Exkursion wert ist!