Aus der HAZ Online am 30.07.2022: Trockenheit an der Leine

Gronau/Kreis Hildesheim – Leichte Regenfälle bringen am Samstag zunächst keine Linderung. Und: Der Landkreis Hildesheim will zwar einem kleinen Fluss helfen, aber nicht jedem Teich.

von Tarek Abu Ajamieh

Gronau/Kreis Hildesheim – Tatsächlich: Regen: In der Nacht zum Samstag gab es im Landkreis Hildesheim fast überall Niederschläge. Meist regnete es leicht, dafür aber über mehrere Stunden – und für die nächsten Tage sind weitere Regenfälle vorausgesagt. Ob das aber reicht, um die aktuelle Dürre zu beenden und den Flüssen in der Region wieder zu höheren Wasserständen zu verhelfen, ist zweifelhaft. Der Landesbetrieb für Wasser-, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) hatte bereits am Freitag erklärt, „Schauer“ hätten keine großen Auswirkungen, sondern allenfalls ein ergiebiger „Landregen“. In Alfeld kamen ganze 1,6 Millimeter Niederschlag hinzu, der Wasserstand der Leine änderte sich nicht.

Wenn die Despe verdunstet

Besonders markant sind die Auswirkungen der aktuellen Trockenheit in der Gronauer Leinemasch. Doch gerade dort sollen Behörden, Umwelt- und Fischereiverbände nicht eingreifen, betonte die Hildesheimer Kreisverwaltung jetzt auf HAZ-Anfrage. Denn es handele sich um ein Naturschutzgebiet – und dort solle der Mensch der Natur auch dann ihren Lauf lassen, wenn Tiere wie aktuell viele Fische in Gefahr geraten.

In der Masch, in besseren Zeiten ein von Wasserflächen durchsetztes Naturidyll, in dem neben Störchen, Kormoranen und Reihern regelmäßig sogar Fischadler jagen, sind inzwischen viele Tümpel und Teiche ausgetrocknet. Ein wesentlicher Grund war, dass die Despe, ein Nebenfluss der Leine, weitgehend trockengefallen und zudem das Zuflussrohr zur Masch durch Ablagerungen verstopft war. Doch auch nachdem die Samtgemeinde Gronau den Durchlass auf Initiative von Gronauer Bürgern, die auch die Kosten übernehmen, Ort freispülen ließ, gelangte das wenige Despe-Wasser nicht bis zu den Teichen. Es verdunstete und versickerte bereits im zur Masch führenden Graben.

Pumpen ist verboten

Und das, obwohl sogar mehr Despe-Wasser in Richtung Masch „abbog“ als vorgesehen. Woran das liegt, haben die Fachleute noch nicht herausgefunden, aber es soll nicht so bleiben. Priorität habe, dass im eigentlichen Bachbett Richtung Leine Wasser fließe. Der Landkreis will nun „nach Lösungen suchen“ – denn die Despe genieße einen gesetzlichen Schutz als „natürliches Fließgewässer“.

Was indes nach Angaben des Landkreises auf keinen Fall infrage kommt, ist , die austrocknenden Wasserflächen in der Masch künstlich zu erhalten – etwa, in dem die Feuerwehr dort Wasser hinpumpt. Dies würde die allein durch die Natur bestimmte Entwicklung des Gebietes – „eben auch einschließlich der nicht so schönen Naturgesetzmäßigkeiten, ihrer Dynamik, Anpassung, Selbstheilung und Entwicklung“ – inakzeptabel stören.

Mehr als 200 Vogelarten

„So traurig es anzusehen ist, aber durch das Trockenfallen der Teiche ist der Tisch für gefährdete Vogelarten vorübergehend reich gedeckt und ermöglicht ihnen eventuell gar eine zusätzliche Brut“, fügt die Kreisverwaltung hinzu. Bei einem Blick vom Aussichtsturm sei erkennbar, wie viele unterschiedliche Vogelarten sich an den verbliebenen Tümpeln versammelt haben – darunter Weiß- und Schwarzstörche, Silber-, Seidenreiher sowie Löffler.

Insgesamt seien bereits mehr als 200 Vogelarten in der Masch beobachtet worden, darunter viele bedrohte und seltene Arten. Für sie sei das Schutzgebiet vor allem da. „Es mögen sich durchaus auch einige bedrohte Fischarten angesiedelt haben, diese sind aber nicht der Schwerpunkt des Naturschutzgebietes“, betont der Landkreis. Sie abzufischen, um sie in andere Gewässer zu bringen – was außerhalb von Naturschutzgebieten durchaus richtig und begrüßenswert sei – sei daher ausdrücklich verboten.

© Hildesheimer Allgemeine Zeitung