Pressemitteilung vom 22.09.2022

(PP) Seit mehr als 70 Jahren erfasst der Ornithologische Verein zu Hildesheim e.V. (OVH) den Bestand der Nachtigallen in Stadt und Landkreis Hildesheim. So erfolgte auch in diesem Frühjahr ein Aufruf über die Presse an die Bevölkerung Nachtigallen zu melden. Erfreulich viele Bürger machten mit. 620 Meldungen liegen dem OVH vor. Für dieses Engagement sagt der OVH herzlichen Dank!

Singende Nachtigall Foto S. Bologna

Die Nachtigall ist sehr heimlich, so dass meistens nur singende Männchen erfasst werden. Erfahrene Ornithologen erkennen aber zum Beispiel auch die knurrenden Warnrufe.

Dem ersten Anschein nach ist der Bestand im Landkreis Hildesheim stabil geblieben gegenüber dem Vorjahr. Leider sind aber auch über viele Jahre bestehende Reviere weiterhin Nachtigallenfrei. Als Langstreckenzieher überwintert die Nachtigall im tropischen Afrika nördlich des Äquators und südlich der Sahara. Sie benötigen in ihrem Brutgebiet unterholzreiche Gebüsche. Ihr Nest baut sie in Bodennähe in Büschen und Sträuchern, dabei werden aufgeräumte Bereiche vermieden. Gerade diese Lebensräume sind für eine Vielzahl an Vögeln, kleinen Säugetieren und Insekten sehr wichtige Nahrungs- und Bruthabitate.

Die erste singende Nachtigall wurde zum 13.04.2022 gemeldet.

Die höchste Anzahl der Meldungen wurden aus Hildesheim mit 198 eingereicht, Im Jahr 2020 hat es 187 Meldungen und in 2021 235 Meldungen aus dem Stadtbereich gegeben. Eine Ursache für diesen Rückgang ist der Rückschnitt einiger Hecken. Der OVH arbeitet mit der Stadt Hildesheim in der Pflege der Grünflächen zusammen, um solche Einbrüche zu minimieren. An zweiter Stelle ist die Gemeinde Nordstemmen mit 133 Meldungen gefolgt von Sarstedt mit 128 und Algermissen mit 98 Meldungen. Im Südkreis ist die Lage der Nachtigallen prekär: aus Gronau gab es 18, aus Brüggen 7, aus Alfeld hat es lediglich 4 gegeben. – Singende Männchen sind nicht gleich zu setzen mit Brutnachweisen. Von den 620 Meldungen sind lediglich 46 als Brutnachweis oder Brutverdacht eingestuft worden. Trotzdem sind alle noch nach der 1. Maiwoche singenden Männchen ein deutlicher Hinweis auf mögliche Brutreviere. Die meisten Männchen hören auf zu singen, sobald sie sich verpaaren. Die Vögel werden sehr heimlich und sind nur noch mit dem Brutgeschäft beschäftigt. Gelegentlich kommt es auch zu Zweitbruten. Da können Männchen wieder im Juni anfangen zu singen. Ansonsten hören wir Ende Mai bis Juli nur noch unverpaarte Männchen.

Es ist aber nicht nur die reine Anzahl der singenden Nachtigallen wichtig, sondern wo die Reviere liegen. Ebenso wichtig ist, wo sind Gebiete, in denen keine Nachtigallen mehr vorkommen?

Warum ist gerade die Nachtigall so interessant? Es ist nicht nur ihr wunderschöner Gesang, der das Interesse der Ornithologen weckt. Der Vogel gilt als Leitart für alle anderen Bewohner von Hecken und Gebüschen. Als Lebensraum bevorzugen Nachtigallen Gebiete mit dichter Deckung in der Nähe von Gewässern oder feuchten Niederungen. Sie bauen ihr Nest unter dichten Büschen und Hecken. Diesen Lebensraum teilt sie mit anderen Arten wie Amsel, Buchfink, Heckenbraunelle oder Rotkelchen. Sie alle benötigen dichtes Gestrüpp als Schutz für ihre Nester. Ebenso auf diesen Schutz angewiesen sind kleine Säugetiere wie Spitzmäuse oder Igel. Aber es geht nicht nur um einen sicheren Brutplatz, hier gibt es auch Insekten als Futter für sich selbst sowie für ihren Nachwuchs. – Greift nun der Mensch rigoros ein, indem z.B. Hecken abgeholzt oder ehemals grüne Hausgärten in lebensfeindliche Steinwüsten verwandelt werden wird eine Kettenreaktion in Gang gesetzt und das gesamte System der Verzahnung der Arten in diesen Lebensräumen fällt auseinander.

Natürlich müssen Büsche und Hecken ab und zu geschnitten werden. Der OVH bittet aber um Augenmaß! Rückschnitte oder das Auf-den-Stock-Setzen der Büsche sollten nur abschnittsweise erfolgen. Pro Jahr sollte maximal ein Drittel der Hecke gestutzt werden.

Die endgültige Auswertung der Brutstandorte wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

Das Projekt Nachtigall wird auch im kommenden Jahr vom OVH weitergeführt!