Alle drei führen durch den Landkreis Hildesheim – Kommt es doch noch zu Freileitungen?

Aus der HAZ 07.02.2024

Von Tarek Abu Ajamieh

Jetzt wird es konkret: Die Stromnetzbetreiber TransnetBW und Tennet haben bei der Bundesnetzagentur Vorschläge dafür eingereicht, wo genau drei neue große Erdkabel-Stromtrassen verlaufen sollen. Wie erwartet führen alle drei Routen durch den Landkreis Hildesheim – zum Teil in Bereichen, in denen bereits andere Stromtrassen errichtet wurden oder demnächst werden.Dabei geht es um drei Höchstspannungsleitungen, die bis zum Jahr 2037 in Betrieb gehen und Windstrom von den Offshore-Windparks ins Binnenland transportieren sollen – zusätzlich zu der bereits bekannten Trasse Südlink, die durch den Hildesheimer Westkreis führen soll. Vor Weihnachten hatten die Netzbetreiber sogenannte Trassenkorridore präsentiert – nun haben sie ihre „Vorzugstrassen“ bei der Bundesnetzagentur eingereicht. „Das sind die Trassen, die aus Sicht unserer Fachleute die bestmöglichen Varianten darstellen“, erklärt Alexander Schilling, Pressesprecher des Netzbetreibers TransnetBW.

Im Landkreis Hildesheim geht es dabei um folgende Trassen:■ OstWestLink von der Region Leer ausgehend grob bis nach Leipzig – diese Trasse würde aus der Region Hannover kommend westlich von Schliekum den Landkreis Hildesheim erreichen. Dann hat TransnetBW zwei Varianten erarbeitet. Die Nordvariante verläuft zwischen Schliekum und dem Ruther Hopfenberg hindurch, müsste dann erst die Leine und dann die Innerste unterqueren und danach zwischen Sarstedt und Heisede weiter nach Osten verlaufen, südlich an Hotteln vorbei und dann nördlich von Algermissen weiter in Richtung Groß Lobke. Wie es danach weitergehen soll, hat TransnetBW noch nicht festgelegt und will die weitere Strecke in den nächsten Wochen nachreichen.
Die Südvariante würde nördlich von Barnten den Landkreis Hildesheim erreichen und dann ostwärts zwischen Ahrbergen und Groß Förste die Bundesstraße 6 kreuzen. Weiter ginge es nördlich an Klein Förste und Harsum vorbei in Richtung Rautenberg. Auch in diesem Fall ist der weitere Verlauf im Ostkreis noch offen.
■ NordWestLink aus der Region zwischen Cuxhaven und Bremerhaven nach Baden-Württemberg – diese Trasse würde aus der Region Hannover kommend zwischen Wülfingen, Sorsum und Wittenburg den Kreis Hildesheim erreichen und zwischen Elze und Burgstemmen sowie zwischen Gronau und Betheln hindurch in Richtung Despetal führen. Dort soll es zwischen Gronau und Barfelde sowie zwischen Eitzum und Eberholzen und westlich an Sibbesse vorbei südostwärts gehen. Der weitere Verlauf: Zwischen Westfeld und Wrisbergholzen weiter nach Süden und östlich an Grafelde, Sellenstedt, Adenstedt, Irmenseul und Woltershausen entlang in Richtung Lamspringe, das im Westen nahe des neuen Umspannwerks und der geplanten Batteriespeicher passiert werden würde.
■ SüdWestLink von der Region zwischen Hamburg und Lübeck zum Landkreis Böblingen (Baden-Württemberg) – diese Trasse soll grob im Bereich der Stromtrasse Wahle-Mecklar sowie der Autobahn 7 verlaufen. Den Kreis Hildesheim erreicht sie nördlich von Mölme, dann geht es zwischen Feldbergen und Hoheneggelsen sowie zwischen Bettrum und Nettlingen in Richtung Süden. Holle und Grasdorf würden dabei östlich passiert, zwischen Sillium und Sottrum soll es weiter in Richtung Ambergau gehen. Dort soll die Trasse östlich von Schlewecke, Volkersheim und Bockenem verlaufen, ehe sie auf die Autobahn 7 trifft und direkt entlang der Fernstraße weiter nach Süden verlegt werden soll. Nördlich von Mölme, im Gebiet der Gemeinde Hohenhameln, stehen die Pläne von TransnetBW noch nicht fest und sollen bald nachgereicht werden.
Das Genehmigungsverfahren soll nun sehr schnell weitergehen. Zunächst können betroffene Städte und Gemeinden sowie Grundeigentümer Stellung zu den konkreten Trassenvorschlägen beziehen. Das kann noch zu Änderungen im Detail führen.
Viel Zeit ist für all das aber nicht: Bis zum 30. Juni müssen die Anträge für die Planfeststellung (also die Genehmigungsverfahren) bei der Bundesnetzagentur vorliegen, bis 2026 alle Antragsunterlagen. 2028 will die Behörde möglichst die Genehmigungen aussprechen, dann soll auch der Bau der Trassen beginnen. 2037 sollen sie in Betrieb sein.
Einzige Unsicherheit dabei: Die Netzbetreiber fordern, statt der Erdkabel wieder Freileitungen vorzusehen. Sie argumentieren, dass diese deutlich günstiger seien, was auch die Stromkunden weniger belaste. Zudem ließen sie sich schneller planen und bauen. Dafür müsste der Bundestag allerdings das Gesetz, das aktuell einen Vorrang für Erdkabel vorschreibt, erneut ändern und eine Priorität für Erdkabel festlegen. Dann müssten die Netzbetreiber neu planen – aber trotzdem 2037 fertig sein.
Erst vor gut zehn Jahren, im Zuge der Debatte um Südlink, hatte der Bund den Vorrang von Erdkabeln statt Freileitungen eingeführt – damals mit dem Ziel, das Landschaftsbild zu schonen und so die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhöhen.

Hildesheimer Allgemeine Zeitung